Viele sitzen die Geldstrafe lieber ab

50 Personen saßen im Strafvollzug, weil sie die Ordnungsstrafe nicht zahlten

Im Komitat Zala kamen im vergangenen Jahr ungewöhnlich viele Personen mit dem Strafvollzug in Kontakt, weil sie die wegen Ordnungswidrigkeiten verhängten höheren oder niedrigeren Geldstrafen nicht zahlten. Einer kam wegen 300.000 Ft hinter Gitter.
„Das erste Mal wurde ich mit 27.000 Forint bestraft, weil ich betrunken Fahrrad fuhr. Später dann mit 20.000 Forint, weil ich meinen Personalausweis nicht bei mir trug“, sagt einer der Insassen des Zalaegerszeger Gefängnisses. Der 39-jährige, stark tätowierte Mann mit Vorstrafen fügt hinzu: „Ich kann nicht zahlen, deshalb muss ich die Strafe mit 1000 Forint pro Tag absitzen. Ich habe noch etwas mehr als einen Monat vor mir, 38.000 Forint stehen noch zu Buche.“

Laut Oberst János Rózsás, dem Kommandanten der Strafvollzugsanstalt des Komitats Zala, ist das kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr gelangten auf diese Weise ungewöhnlich viele in das Zalaegerszeger Gefängnis, weil sie die wegen Ordnungswidrigkeiten erhobenen Strafen nicht zahlten und das Gericht ihre Geldstrafen schließlich in Freiheitsstrafen umwandelte. Der Kommandant fügt hinzu, dass früher jedes Jahr 12 bis 24 Personen statt der Geldstrafe eine Gefängnisstrafe akzeptieren mussten.

Wie zu erfahren war, kamen die meisten wegen der Nichtzahlung der wegen Ordnungswidrigkeiten im Verkehr auferlegten Geldstrafen in das Zalaegerszeger Gefängnis, das zur Aufnahme von 85 verurteilten Gefangenen ausgelegt ist und durchschnittlich mit einer Auslastung von 130 Prozent betrieben wird. Häufige Gründe sind auch verbotene Unzucht, Diebstahl und Ordnungsstörung. Es gab eine Frau, die wegen der Nichtzahlung einer Strafe hinter Gitter kam, die ihr wegen des Fernbleibens ihres Kindes aus der Schule auferlegt worden war, und es gab auch ein Beispiel, wo ein Mann insgesamt nur 3000 Forint absitzen musste. Die Gefängniswärter, die schon viel erlebt haben, waren doch überrascht, als ein Zalakomárer Grundstücksbesitzer wegen des Versäumens der Zahlung der Geldstrafe hinter Gitter kam, die ihm auferlegt wurde, weil er sein Grundstück nicht gemäht hatte.

Nach den Erfahrungen des Gefängniskommandanten sind die meisten, die wegen der Nichtzahlung einer Geldstrafe ins Gefängnis kommen, schon vorbestrafte Arbeitslose, die an die Peripherie der Gesellschaft gerieten und zu keinerlei Zusammenarbeit mit den Behörden mehr bereit sind. Einer ähnlichen Auffassung ist der zuständige Mitarbeiter des Komitatsgerichts Zala, der hinzufügt, dass es nicht so einfach sei, wegen einer Geldstrafe inhaftiert zu werden, wer will, kann das umgehen. Die Geldstrafen bei Ordnungswidrigkeiten – die mindestens 1500 Forint und höchstens 150.000 Forint betragen – können letztendlich auch in gemeinnützige Arbeiten umgewandelt werden, nur dann kann jemand ins Gefängnis kommen, wenn der Bestrafte auch das abweist. Um welche Summe ein Tag Gefängnis die Strafe mindert, das legt das Gefängnis fest: Neben anderen Gesichtspunkten werden in Abhängigkeit von der Ordnungswidrigkeit und vom Einkommen des Bestraften für 24 Stunden hinter Gittern 1000-3000 Forint der Strafe erlassen.

Wie zu erfahren war, verhandelten die Gerichte im Komitat Zala im vergangenen Jahr in 1696 Fällen über die Umwandlung der Geldstrafen in Freiheitsstrafen oder anders ausgedrückt, in soviel Fällen ließen die Bestraften nicht das geringste Anzeichen erkennen, dass sie ihre Schulden in irgendeiner Weise bezahlen werden. Der Grund, dass nicht soviel, sondern nur 55 Personen hinter Gitter kamen, ist, dass nach den Erfahrungen die meisten der zu einer Gefängnisstrafe Verurteilten zurückschrecken, wenn sie den Beschluss über den Zeitpunkt der Freiheitsstrafe zugestellt bekommen oder zu Hause oder am Arbeitsplatz von der Polizei abgeholt werden und so im letzten Augenblick die Strafe doch noch bezahlen.

Ein häufiger Fall ist auch – erklärt János Rózsás -, dass der zu Gefängnisstrafe Verurteilte, da er nicht zahlen kann oder will, ins Gefängnis kommt und von dort sofort die Familie und Freunde auffordert, die Geldstrafe zusammenzulegen um ihn zu befreien. Eine große Zahl der zu einer Freiheitsstrafe verurteilten, mehr als ein Drittel sind deshalb „Eintagsgäste“ und verursachen damit der Strafvollzugsanstalt eine Menge Arbeit. Bis im Gefängnis das mit der Registratur, der Bestandsaufnahme, der ärztlichen Untersuchung einhergehende Aufnahmeverfahren abgeschlossen ist, haben die Verwandten die Strafe eingezahlt und die Entlassungsprozedur kann beginnen.

Wer in Ermangelung von Geld oder zu Hilfe eilenden Verwandten und Freunden nicht nur einen oder zwei Tage hinter Gittern bleibt, muss im Gefängnisalltag mit den gleichen Umständen rechnen, wie diejenigen, die wegen Straftaten hinter Gitter kamen. Sie werden zwar in einer separaten Zelle untergebracht, doch es kann vorkommen, dass sie mit Gewalttätern und Erpressern und anderen „harten Burschen” in Kontakt kommen, die die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze des Gefängnisses schon gut kennen und sich mit den Neuen die Zeit vertreiben – und das wegen der Nichtzahlung von einigen tausend Forint Geldstrafe.

Die Landeskommandantur des Strafvollzugs führt keine Statistik darüber, wie viele Personen in Ungarn wegen Nichtzahlung von Geldstrafen hinter Gitter gerieten. Von der Landeskommandantur war nur soviel zu erfahren, dass am letzten Tag des Jahres 2005 insgesamt 65 Personen aus diesem Grund im Gefängnis saßen, am 31. Dezember 2004 waren es 70 Personen und Ende 2003 saßen 83 Menschen im Gefängnis, weil sie statt der Geldstrafe zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurden.