Lokomotivenpfiff statt Vogelsang

Protest gegen die Verlegung der Zalaegerszeger Eisenbahngleise

Gegen die Verlegung der durch Zalaegerszeg führenden Eisenbahnstrecke, auf der vor allem Güterzüge rollen sollen, finden in den nördlichen Stadtteilen des Komitatssitzes Protestaktionen statt. Nach der Aussage der Gegner der Investition werden die neuen Gleise zu nahe an ihren Häusern verlaufen. Die Stadtleitung stellt dagegen fest, dass es keinen Grund zur Sorge gibt.

„Wir zogen in die Gartenstadt, weil wir genug vom Verkehrslärm, von dem Betonmeer hatten und jetzt wird neunzig Meter von unseren Häusern eine Eisenbahnstrecke gebaut! Statt Bäumen und Sträuchern werden wir bald aus achtzig, neunzig Waggons bestehende Güterzüge vorbeifahren sehen, statt die Vögel singen hören wir die Lokomotiven pfeifen“, bricht es aus Attila Pál hervor, der vor seinem Haus im Zalaegerszeger Ortsteil Neszele steht, später fährt er fort: „Das wollen wir nicht, deshalb beschlossen wir, dass wir gegen den Bau der Eisenbahnstrecke protestieren, wir versuchen die Investition zu stoppen.“

Das sechs- bis siebenhundert Meter breite Tal der Zala trennt das Zentrum von Zalaegerszeg und die nördlichen Stadtteile – Andráshida, Gébárt, Neszele und Kaszaháza – , in denen vor allem Einfamilienhäuser stehen. Gegenwärtig verläuft an der Südseite des Tals in Zentrumsnähe neben Häusern und Industriegelände eine die Stadt in West-Ost-Richtung durchschneidende Bahnlinie. Die vor allem dem Gütertransport dienenden, sieben Kilometer langen Schienen wird die MÁV abbauen. Statt dessen sollen neue, genauso lange Gleise an der Nordseite des Zalatals in der Nähe von Andráshida, Gébárt, Kaszaháza und Neszele verlegt werden. Der neue Streckenabschnitt führt an manchen Stellen in 90 Meter Entfernung an den Häusern vorbei, an anderen Stellen sind es 250 Meter. Ein Teil der rund 3000 Einwohner der nördlichen Stadtteile befürchtet, dass die Bahn zu nahe an den Häusern gebaut wird, so dass man später mit dem Lärm leben muss und die Grundstücke an Wert verlieren.

Die Gegner der Investition haben kein Verständnis für die Verlegung der Gleise, weil ihrer Auffassung nach die jetzige Bahnstrecke nur 900 Meter an Häusern vorbeiführt, das neue Gleis jedoch 4000 Meter in unmittelbarer Nähe von Häusern verlegt wird und auf diese Weise die Ruhe von noch mehr Menschen stören wird. Die Einwohner der Gartenstadt beschweren sich auch darüber, dass die Selbstverwaltung und die MÁV ihre Sorgen bisher nicht ernst nahmen, obwohl sie jahrelang Argumente gegen die Investition vorbrachten, trotz ihrer Einwände erhielt die Eisenbahngesellschaft die Baugenehmigung.

Unter den Gegnern der Verlegung der Gleise sind auch solche, die ihre Stimme nicht nur in ihrem eigenen Interesse erheben. Der in Andráshida lebende József Zsuppányi schrieb dem Ministerpräsidenten, dem Wirtschaftsminister sowie dem Generaldirektor der MÁV Briefe, in denen er ausführt, dass die vorhandenen Gleise 2003 rekonstruiert wurden, deshalb wäre es herausgeworfenes Geld, für sieben Milliarden Forint eine neue Bahnstrecke zu bauen.

Nach dem Standpunkt der MÁV kann von Geldverschwendung keine Rede sein. Aus der offiziellen Stellungnahme der Eisenbahngesellschaft geht hervor, dass wenn die noch vorhandene Strecke vor drei Jahren nicht rekonstruiert worden wäre, der von Koper über Zalaegerszeg bis nach Moskau verlaufende Internationale Bahn-Korridor Nr. V. hätte unterbrochen werden müssen, in so schlechtem Zustand waren die Gleise damals. Die Gleiserneuerung von 2003 war allerdings auch nach den ursprünglichen Plänen eine vorübergehende Lösung – stellt sich aus der Bekanntmachung der MÁV heraus, da vorherzusehen war, dass die Lastaufnahme, die Kapazität der Strecke früher oder später zu gering sein würde. Die Verlegung der Schienen wurde jetzt unaufschiebbar nötig, da die vorhandenen Gleise den Verkehr nicht mehr aushalten und zur Erweiterung wegen der Nähe der Häuser keine Möglichkeit besteht. Nach der Information der MÁV betragen die Kosten für den Abriss der bestehenden Strecke und den Bau des neuen Gleises rund sieben Milliarden Forint. Ca. die Hälfte dieser Summe deckt die Bahngesellschaft aus Quellen der Union, ein Fünftel durch Mittel des Zentralhaushalts und den verbleibenden Teil durch Kredite und außerdem mit einem Beitrag der Zalaegerszeger Selbstverwaltung in Höhe 500 Millionen Forint. Der neue Streckenabschnitt wird in zwei Jahren gebaut.

„Die Einwohner von Andráshida, Gébárt, Neszele und Kaszaháza haben keinen Grund zur Sorge“, teilte Lajos Tombi, der Vizebürgermeister von Zalaegerszeg, mit und fügte hinzu: „Die Bahnstrecke wird elektrifiziert, auf den Schienen werden Elektroloks verkehren, die wesentlich leiser sind als Dieselloks. Außerdem wird man zum Abschluss der Investition Lärmmessungen vornehmen und wenn es nötig ist, wird die Selbstverwaltung entschieden fordern, dass Lärmschutzwände errichtet werden und ein lärmdämmender Waldstreifen angelegt wird.“

Lajos Tombi findet es seltsam, dass die Einwohner der nördlichen Stadtteile Tage vor dem Baubeginn ihre Stimme erheben, obwohl vor drei, vier Jahren Dutzende von Einwohnerforen über die Investition veranstaltet wurden. Außerdem – fügt er hinzu – wurde ein Teil der am nächsten an den geplanten Schienen stehenden Häuser erst gebaut, als man schon wusste, dass die Schienen am Nordhang des Tals verlaufen werden. Laut dem Vizebürgermeister geht die neue Bahnstrecke nicht mit Nachteilen einher, sondern im Gegenteil mit Vorteilen, deshalb unterstützt die Stadt das Bauvorhaben mit einer halben Milliarde Forint: die internationale Bahnlinie zieht Dutzende von Unternehmen in die Region, infolgedessen kann man mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen rechnen. Daneben verschwinden durch die Verlegung der Strecke mehrere unfallgefährdete Bahnübergänge, beispielsweise müssen die Besucher des Freilichtmuseums in der Sommersaison nicht einen schwer einsehbaren, unbeschrankten Bahnübergang überqueren. Laut Lajos Tombi dient es auch dem Interesse der Stadt, dass an der Stelle der abgebauten Bahnstrecke eine neue Straße und ein Radweg angelegt werden können.

Die Gegner der Bahnstrecke beruhigen die Argumente und Versprechungen des Vizebürgermeisters nicht, es ist nicht ausgeschlossen, dass sie versuchen, die Ortsteile aus Zalaegerszeg herauszulösen, wenn die Bahnstrecke gebaut wird.