Politische Auseinandersetzungen um die Investition der Veszprémer Sporthalle
Eine Untersuchungskommission soll ermitteln, wer dafür verantwortlich ist, dass der Bau der Veszprémer Sporthalle ohne Baugenehmigung begonnen wurde – das entschied die letzte außerordentliche Sitzung der Veszprémer Selbstverwaltung. Die im Sommer begonnenen Bauarbeiten wurden eingestellt.
Die Untersuchungskommission soll herausfinden, wie der Bau der Multifunktionshalle ohne gültige Baugenehmigung in Angriff genommen werden konnte, wer die Verantwortung für die Zahlung der unumgänglich scheinenden, sich wahrscheinlich auf mehrere Millionen Forint belaufenden Baubehördenstrafe trägt.
Die außerordentliche Sitzung der Stadtverordneten gab die Gelegenheit, dass die neuen Mitglieder der Versammlung die schon begonnene Investition kennen lernen konnten. Zahlreiche Stadtverordneten wurde dabei bewusst, dass die Veranstaltungshalle in einer Finanzierungsform gebaut wird, für die es in Ungarn noch kein Beispiel gibt. Das einzigartige Experiment ähnelt in groben Zügen einer PPP-Konstruktion.
Die Hauptsache bei PPP (Public Private Partnership) ist, dass das zu errichtende Bauwerk 15 bis 20 Jahre lang im Eigentum des Bau- und Investunternehmens bleibt und der spätere Eigentümer eine Nutzungs- und Dienstleistungsgebühr für die ausschließliche Nutzung zahlt, am Ende der Laufzeit kann er dann die Immobilie für eine symbolische Summe übernehmen. Die Veszprémer Halle sollte ursprünglich als Teil des von dem Nationalen Sportamt ausgeschriebenen Sportanlagen-Investitionsprogramms Sport XXI gebaut werden, in dessen Rahmen die Stadt 747 Millionen Forint staatliche Fördermittel hätte erhalten können. Die vorige Stadtverordnetenversammlung, in der die Regierungspartei die Mehrheit hatte, entschied im Sommer dieses Jahres unerwartet, dass sie die Mittel aus dem Programm Sport XXI nicht in Anspruch nimmt. Der Grund ist einfach: Die sich auf die Ausschreibung bewerbenden Konsortien gaben zu teure Angebote ab.
„Nach unseren Berechnungen kostet der Bau und die Nutzung einer Sporthalle mit 4500 Plätzen auf der ausgewählten Immobilie in 15 Jahren 9 Milliarden Forint“, sagt Ferenc Hartmann, der frühere sozialistische Vizebürgermeister von Veszprém, der gegenwärtig die MSZP-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung anführt. „Im Vergleich dazu war das billigste eingehende Angebot 2,4 Milliarden teurer. Danach entschieden wir, dass wir unter Beibehaltung der Grundzüge der PPP-Konstruktion die Investition in die eigene Hand nehmen.“
Die Sache ähnelt insofern PPP, dass nicht direkt die Selbstverwaltung die Halle baut. Die Stadt schrieb ein öffentliches Beschaffungsverfahren aus, laut dem sie ab Januar 2008 15 Jahre lang jährlich für 600 Millionen Forint Leistungen kaufen möchte, die nur eine Multifunktions-Veranstaltungshalle bieten kann. Bei dieser Ausschreibung kann also nur ein Unternehmen den Zuschlag erhalten, das in der Lage ist, bis Ende 2007 in Veszprém eine Halle mit 4500 Plätzen zu errichten. Obwohl das öffentliche Beschaffungsverfahren noch nicht offiziell abgeschlossen ist, ist real nur ein Unternehmen, die sich zu 90 Prozent im Eigentum der Selbstverwaltung befindende Veszprém Zrt. imstande, den vorgeschriebenen Bedingungen zu entsprechen.
Die Veszprém Zrt. – genauer das von ihr gegründete Projektunternehmen – erhält in 15 Jahren 9 Milliarden Forint von der Stadt. Gleichzeitig kostet der Bau der Halle mit zahlreichen ergänzenden Einrichtungen 4,5 Milliarden Forint, die das Unternehmen schon jetzt aufbringen muss.
„Die Investition finanzieren wir in voller Höhe durch Kredite“, sagte Zoltán Csermák, der Generaldirektor der Veszprém Zrt. „Die Bauausführung übernimmt ein zum großen Teil aus ortsansässigen Firmen bestehendes Konsortium. Die Halle geht nach 15 Jahren für eine symbolische Summe, für 10 Euro, in das Eigentum der Stadt über.“ Zahlreiche Mitglieder der nach der Kommunalwahl neu zusammengesetzten Veszprémer Selbstverordnetenversammlung brachten zum Ausdruck, dass sie nicht davon überzeugt seien, dass die eigenartige Investitionskonstruktion den Interessen der Stadt dient. Mehrere stellten die Frage, woher die Selbstverwaltung das Geld für die fixen Kosten von 600 Millionen Forint pro Jahr nehmen wird und wie sie mit Programmen und Veranstaltungen eine derart große Halle füllen kann. János Debreczenyi, der neue, dem Fidesz angehörende Bürgermeister bemängelte vor allem, dass die Selbstverwaltung keinen direkten Einfluss auf den Bauprozess und seine Kontrolle habe. Laut dem Bürgermeister ist gerade dadurch zu erklären, dass die Investition ohne gültige Baugenehmigung in Angriff genommen werden konnte.
Hartmann Ferenc sagte jedoch, dass es die gemeinsame Verantwortlichkeit der vorigen Stadtverordnetenversammlung sei und dass sich die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates der Veszprém Zrt. auch im Klaren darüber waren, dass der Bau im Sommer 2006 beginnen muss, sonst kann er im Jahre 2007 nicht abgeschlossen werden. Nach Auffassung des sozialistischen Politikers ist allgemein bekannt, dass der Antrag der Baugenehmigung schon im Mai 2005, lange vor dem Beginn der Bauausführung eingereicht wurde. Laut dem ehemaligen Vizebürgermeister ist die Bildung der Untersuchungskommission in Wirklichkeit ein politischer Angriff gegen die vorige Stadtleitung.
Auf jeden Fall stellte das in der Sache die baubehördlichen Aufgaben übernehmende Bürgermeisteramt Anfang Oktober die Bauarbeiten der Sporthalle ein. Nach aktuellen Informationen kann sich die Erteilung der Baugenehmigung noch Wochen hinziehen. Ferenc Hartmann sieht wegen der Verspätung keine reale Chance, dass die neue Veszprémer Sporthalle bis Ende nächsten Jahres fertiggestellt wird.