Polizei und Militär in Minsk vor neuen Protesten in Belarus

Zwei lange Monate gehen die Menschen in Belarus bereits gegen Machthaber Lukaschenko auf die Straße. Der Druck auf ihn steigt. Vor einer erneuen Großdemo hat er viele Soldaten und Polizisten in Stellung bringen lassen.

Vor neuen Protesten in Belarus (Weißrussland) hat die autoritäre Führung wieder Polizei und Militär auffahren lassen.

In der Hauptstadt Minsk seien am Sonntagvormittag viele Militärfahrzeuge unterwegs gewesen, berichtete das unabhängige Nachrichtenportal «tut.by». Im Nachrichtenkanal Telegram wurden Bilder von abgesperrten Plätzen veröffentlicht, darunter die Gegend um den Präsidentenpalast.

Das Innenministerium in Minsk teilte mit, dass Sicherheitskräfte verstärkt im Einsatz seien. Es warnte eindringlich vor einer Teilnahme an den Aktionen. Je nach Lage könne auch Spezialausrüstung eingesetzt werden, drohten die Behörden, ohne Details zu nennen.

Die Opposition hat für den Nachmittag (ab 13.00 Uhr MESZ) zu einem sogenannten Marsch des Stolzes aufgerufen. Vor einer Woche kamen rund 100.000 Menschen zu den Protesten. In Belarus wird bereits seit zwei Monaten gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko demonstriert, der mit massenhaften Festnahmen darauf reagiert.

«Unser friedlicher Protest hat schon Ergebnisse gebracht», schrieb Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja am Sonntagmorgen bei Telegram. «Das Regime hat verstanden, dass es mit den Belarussen reden muss», sagte die 38 Jahre alte Bürgerrechtlerin mit Blick auf das Treffen Lukaschenkos mit inhaftierten Oppositionellen.

Der 66-Jährige hatte am Samstag in einem Untersuchungsgefängnis des Geheimdienstes auch mit Mitgliedern des Koordinierungsrates für einen friedlichen Machtwechsel in Belarus gesprochen. Lukaschenko glaube, dass die Proteste ein Ende haben könnten, wenn er einen Dialog vortäusche, meinte Tichanowskaja. «Aber die Belarussen lassen sich nicht manipulieren.»

Die Opposition hält die Bürgerrechtlerin für die wahre Siegerin der Präsidentschaftswahl Anfang August. Lukaschenko hatte dagegen nach 26 Jahren an der Macht 80,1 Prozent der Stimmen für sich reklamiert. Seither kommt es zu Protesten. Die Menschen fordern seinen Rücktritt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und eine Neuwahl.

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