Nach der öffentlich umstrittenen Neuvergabe der Lizenzen zweier in Ungarn beliebter Rundfunksender hat das Budapester Gericht am Dienstag die Entscheidung des Landesrundfunkrates (ORTT)gerügt. Die Ausschreibung sei gesetzwidrig gewesen, stellten die Richter in ihrem erstinstanzlichen, noch nicht rechtskräftigen Urteil fest.
Das Gericht ging jedoch nicht so weit, eine Nichtigkeit der Verträge auszusprechen, was von Danubius Radio, einem der beiden inzwischen nicht mehr bestehenden Sender, gefordert worden war. Als Organ der öffentlichen Verwaltung könne ORTT in diesem Verfahren auch nicht verpflichtet werden, den Vertrag des kommerziellen, landesweiten Rundfunksenders zu kündigen.
In der Urteilsbegründung gab das Gericht teilweise dem Kläger Recht, wonach die Bewerbung um die Frequenz wegen der Eigentümerstruktur ungültig war. Der nunmehrige Frequenzinhaber Advenio hätte aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden müssen.
Die Ausschreibung sei die Botschaft an Investoren und die ganze Welt gewesen, dass in Ungarn solche Verfahrensweisen gegen das Gesetz zulässig sind, hatte nach der ORTT-Entscheidung die Vorsitzende der kleinen Partei MDF, Ibolya Dávid, erklärt. Als ganz ähnlichen Fall nannte sie die Besetzung des Pécser Wasserwerks, bei der dem französischen Konzern Suez seine vertraglichen Rechten genommen wurden. Dies alles zeige der Welt, dass man in Ungarn Verträge brechen und die Freiheit des Wettbewerbs durch Kungeleien von Parteien hintertreiben kann.
Das amerikanische Abgeordnetenhaus hatte die ORTT-Entscheidungen verurteilt und Ungarn aufgefordert, die Rechtsstaatlichkeit einzuhalten, ausländische Investoren zu respektieren und die unabhängige Presse zu fördern. ORTT-Vorsitzender László Majtényi war unter Hinweis auf die Geschehnisse um die Frequenzvergabe von seinem Posten zurückgetreten und hatte seine ORTT-Mitgliedschaft aufgegeben.