Nach dem Dammbruch eines Reservoires der Aluminiumfabrik von Ajka im Komitat Veszprém hat sich die rote Schlammflut am Mittwoch schon fast bis an das Flüsschen Raab und in Richtung Donau vorgearbeitet. In der Nacht sollten sich die Rückstände aus der Aluminiumproduktion – allerdings nach chemischer Neutralisierung und Verdünnung – in die Raab ergießen. Wasserexperten meinten, dass aus ökologischer Sicht für die Flüsse kein Anlass zur Sorge bestehe.
Am Montag hatten sich rund eine Million Kubikmeter Schlamm nach dem Dammbruch in die Region ergossen, mehrere Ortschaften teils überflutet und mindestens vier Menschen getötet. Mehrere Personen wurden auch am Mittwoch immer noch vermisst, während zahlreiche Bewohner Hautätzungen in Krankenhäusern oder ambulant behandelt werden.
Innenminister Sándor Pintér teilte mit, dass in den Orten Kolontár, Devecser und Somlócásárhely insgesamt 22 Straßen und rund 300 Häuser betroffen sind. Die Schadenshöhe sei noch nicht abzusehen. Die Ermittlungen wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung übertrug der Minister dem Nationalen Ermittlungsbüro, der höchsten Instanz in Ungarn für besonders wichtige Verfahren. Erst zwei Wochen vor der Katastrophe hatte die Inspektion für Umweltschutz, Naturschutz und Wasserwesen den Zustand des Dammes geprüft und keine Hinweise auf Mängel entdeckt.
Der Kampf gegen das weitere Vordringen des Schlamms und zur Beseitigung der Folgen läuft auf Hochtouren. Umfangreiche Kräfte, darunter Spezialisten der Armee, sind zur Beseitigung der Gefahren im Einsatz. Der von den Straßen beseitigte Giftschlamm wird in ein sicheres Reservoire der Aluminiumfabrik gebracht. Dort waren auch die Arbeiten an einem dreistufigen Ring, der zum Verschließen der Öffnung am beschädigten Reservoires dient, am Mittwoch beinahe abgeschlossen. Es gerate kein weiterer Schlamm in die Umwelt, hieß es. Die Höhe des bisher errichteten Deiches betrage überall bereits vier Meter, fünf Meter sollen am Ende erreicht werden.
Unterdessen herrscht bei den rund 3000 Beschäftigten der Aluminiumfabrik Panikstimmung. Sie befürchten eine Schließung des Werks. Die Gewerkschaft der Chemiearbeiter strebt sofortige Verhandlungen mit der Regierung an. Das Schicksal von rund 10 000 Menschen – der Belegschaft und Angehöriger – hängt vom Fortbestand der Aluminiumproduktion am Standort Ajka ab. Die Verantwortlichen müssten es sich zwei Mal überlegen, ob die Aluminiumfabrik geschlossen werde.
Es herrsche eine riesige Panik unter den Werktätigen, die jetzt nicht mehr nur die Auswirkungen der ökologischen Katastrophe fürchten. Angst haben sie auch davor, dass die Entscheidungsträger übereilt, auf der Jagd nach Popularität über die Frage entscheiden und dadurch diejenigen ihre Arbeit verlieren, die ohnehin am meisten von der Katastrophe betroffen sind, erklärte der Präsident der Chemiearbeiter-Gewerkschaft, Tamás Székely.