Als bisher größte ökologische Katastrophe Ungarns hat das Umweltministerium in Budapest am Donnerstag die Überflutung der Region bei Ajka im Komitat Veszprém gewertet. Eine Million Kubikmeter ätzender roter Schlamm überschwemmten die Kleinstadt Devecser sowie die Gemeinden Kolontár und Somlóvásárhely. 800 Hektar Boden und 500 Häuser begrub der basische Schlamm unter sich, vermerkt die offizielle Bilanz über das Geschehen seit Wochenbeginn. Vier Menschen starben in den Schlammmassen, drei waren am Abend noch immer vermisst, 150 Menschen erlitten Verletzungen, bei 11 von ihnen ist der Zustand noch immer ernst oder lebensgefährlich. Viele wurden obdachlos und verloren ihre gesamte Habe in der Tragödie.
Ministerpräsident Viktor Orbán überzeugte sich in der Katastrophenregion von der Situation und versprach, dass die Regierung die Menschen nicht im Stich lässt. Jeder werde ein Dach über dem Kopf haben, doch dazu werde jegliche Hilfe gebraucht. Auf einem Teil des betroffenen Gebietes habe der Wiederaufbau keinen Sinn, sagte Orbán. Die Menschen selbst könnten entscheiden, ob sie nach der Schadensbeseitigung an ihre Wohnorte zurückziehen. Sollte das nicht der Fall sein, müsse für sie eine entsprechende Lösung gefunden werden. Das bedeute, dass ihnen ein neues Gelände im Dorf zur Verfügung gestellt werden müsse, damit sie doch Häuser bauen und ihr Leben fortsetzen könnten.
Nach Standpunkt der Regierung sei die Tragödie nicht durch eine Katastrophe, sondern vermutlich durch menschliches Versagen hervorgerufen worden. Deshalb habe das Nationale Ermittlungsbüro die Ermittlungen wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung aufgenommen. Dabei werde auch untersucht, ob die Firma, die das Speicherbecken mit gefährlichem Material unterhielt, vorschriftsmäßig gehandelt habe und beispielsweise die entsprechenden Kontrollen vorgenommen wurden.
Der rote Schlamm gelangte bereits am Donnerstag über die Flüsse Marcal und Raab sowie die Moson-Donau mit einem auch nach offiziellen Angaben immer noch hohen PH-Wert von 8-9 in den Hauptarm der Donau. Nach Behördenauffassung sei es jedoch wichtig festzuhalten, dass das die basische Reaktion des fließenden Wassers, das die Donau erreicht, stetig und bedeutend nachlässt. Medien berichten jedoch, dass das Leben in der Marcal völlig vernichtet wurde, auch in der Raab bedeutende Mengen Fisch verendeten sowie auch im Hauptarm der Donau an der Einmündung der Raab tote Fische gefunden wurden. In der Slowakei wurden drei Mal tägliche Wasserkontrollen in der Donau angeordnet.
Ungarn dankte unterdessen den internationalen Organisationen und Staaten, die ihre Hilfe anboten. Unter anderem könnte Ungarn so auf Mineralwasser, Jodtabletten, Verfahren und Mittel zur Schadensbeseitigung sowie auf Soldaten, Forschergruppen und Experten für Toxikologie aus dem Ausland zurückgreifen.
Tierschützer haben inzwischen an die Öffentlichkeit appelliert, vorübergehend Haustiere aus Devecser und dem umliegenden Katastrophengebiet aufzunehmen. Es handele sich dabei nicht um streunende Hunde, jedes Tier habe seinen Besitzer, die aber wegen der Evakuierung derzeit nicht wissen, wo sie ihre Tiere unterbringen sollen, erklärte György Lakos (Handy: 0036 30 507 2062, E-Mail: felelosallattarto@gmail.com) vom Nationalen Bürgerprogramm für Verantwortliche Tierhaltung. Kosten für die Behandlung verletzter Hunde würden von den Tierschützern übernommen.