Bundeswehr-Ermittlungen gegen Reichsbürger: Verdächtiger tot

Acht Mitarbeiter einer Bundeswehr-Behörde in Ulm werden verdächtigt, zu den sogenannten Reichsbürgern zu gehören. Kurz nachdem der Militärische Abschirmdienst sie verhört, wird ein Suizid bei der Behörde bekannt.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt gegen mehrere Mitarbeiter des Beschaffungsamts der Bundeswehr wegen möglicher Zugehörigkeit zu den sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern. Das Verteidigungsministerium teilte am Dienstagabend mit, dass alle acht Verdächtigen in der Regionalstelle für Qualitätsmanagement im baden-württembergischen Ulm tätig sind, darunter auch der Leiter. Nur wenige Stunden später nahm sich am Mittwochvormittag ein Mitarbeiter der Behörde das Leben. Ob es einen Zusammenhang gibt, blieb zunächst unklar.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, man habe die Nachricht des Suizids mit Betroffenheit aufgenommen. Er könne aber «zu diesem Zeitpunkt weder bestätigen noch dementieren», dass es sich um einen der Verdächtigen handelt. Nach Recherchen des Südwestrundfunks und des ARD-Hauptstadtstudios soll es der Hauptverdächtige sein.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums laufen die Ermittlungen bereits seit Ende 2019. Die acht Verdächtigen wurden am Dienstag vom MAD befragt. «Erste Ergebnisse bestätigen die vorliegenden Verdachtsmomente», hieß es anschließend in einem Schreiben des Verteidigungs-Staatssekretärs Peter Tauber an die Obleute des Bundestags-Verteidigungsausschusses.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer versicherte, dass jedem Hinweis auf Nähe von Bundeswehrangehörigen zu den Reichsbürgern konsequent nachgegangen werde. «Verfassungsfeinden lassen wir nicht den kleinsten Raum in der Bundeswehr», sagte die CDU-Chefin.

Laut Tauber wurden auch Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Die Vorgesetzten der Betroffenen hätten disziplinarische Ermittlungen aufgenommen. Den Hauptverdächtigen sei mit sofortiger Wirkung der Zugang zu ihren Arbeitsstellen untersagt worden.

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr gegeben. Der MAD hatte im Mai in seinem ersten Jahresbericht eine Zunahme von rechtsextremistischen Verdachtsfällen, aber keine Netzwerke bei der Bundeswehr festgestellt. Der MAD enttarnte 14 Extremisten, darunter 8 Rechtsextremisten, 4 Islamisten und 2 sogenannte Reichsbürger/Selbstverwalter. Im Jahr zuvor waren insgesamt 7 Extremisten enttarnt worden, darunter 4 Rechtsextremisten und 3 Islamisten.

Kramp-Karrenbauer hatte schon vor längerer Zeit ein hartes Durchgreifen gegen Extremisten bei der Bundeswehr versprochen und unter anderem eine Reform des Kommandos Spezialkräfte in die Wege geleitet. «Extremismus und fehlende Treue zu den gemeinsamen Werten ist und bleibt unvereinbar mit unserem Auftrag, aber auch mit den Grundsätzen der Kameradschaft und Kollegialität», sagte sie am Dienstag.

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