Nach der Unterbrechung der Gespräche über einen EU-Handelspakt wollen der britische Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Nachmittag nach Lösungen suchen.
Den Unterhändlern Michel Barnier und David Frost und ihren Teams war es trotz intensiver Gespräche in dieser Woche nicht gelungen, einen Durchbruch zu erzielen. Am Freitagabend gaben sie schließlich auf – zumindest vorerst.
Die Bedingungen für eine Einigung seien nicht erfüllt, schrieb EU-Unterhändler Barnier auf Twitter. Grund dafür seien Differenzen über einheitliche Wettbewerbsbedingungen, Fischerei und Regeln zur Einhaltung des Abkommens. Eine gleichlautende Erklärung veröffentlichte auch sein britisches Gegenüber Frost auf dem Kurznachrichtendienst. Die Streitpunkte sind seit Monaten dieselben.
Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten. Am 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsphase, in der weitgehend die gleichen Regeln gelten wie zuvor. Sollte eine Einigung auf einen Handelspakt nicht mehr rechtzeitig gelingen, drohen vom Jahreswechsel an Zölle und hohe Handelshürden zwischen Großbritannien und dem Kontinent.
Beide Seiten hatten zuletzt versucht, den Druck zu erhöhen. Die britische Regierung kündigte an, die umstrittenen Klauseln ihres Binnenmarktgesetzes zurückzubringen – und damit das erst vor einem guten Jahr geschlossene Austrittsabkommen zu gefährden – ein Affront.
EU-Ratspräsident Charles Michel warnte vor einem Veto der Mitgliedstaaten. Er bezog sich damit wohl vor allem auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Der hatte kürzlich erklärt, er werde einem Vertrag nur zustimmen, wenn die langfristigen Interessen seines Landes gewahrt blieben. «Die Beibehaltung der Aktivitäten unserer Fischer in britischen Gewässern ist eine wichtige Bedingung», hatte Macron dazu gesagt. Doch die Drohungen zeigten keine Wirkung.
Es scheint, dass die Unterhändler ihr Mandat nun ausgeschöpft haben. Ihre Forderungen liegen wohl zu weit auseinander. Johnson und von der Leyen dürften etwas mehr Spielraum haben. Doch als Vertreterin von 27 Mitgliedstaaten hat die Kommissionspräsidentin auch einiges unter einen Hut zu bekommen.
Boris Johnson betonte stets, Großbritannien müsse keinerlei schmerzhafte Kompromisse eingehen, wenn es aus der EU austrete. Mit dem Slogan «Get Brexit Done» (etwa: Den Brexit durchziehen) fuhr er vor einem Jahr bei der Parlamentswahl einen klaren Sieg ein. Eine Verlängerung der Übergangsphase, die nun in knapp vier Wochen zu Ende geht, schlug er folglich aus. Großbritannien werde mit einem No Deal florieren, sagte Johnson. Es dürfte ihm nun schwer fallen, die für einen Deal notwendigen Zugeständnisse zu machen, ohne einen Teil seiner Anhänger zu verprellen.
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