Angesichts anhaltend hoher Corona-Zahlen fallen die Lockerungen über die Feiertage mit hoher Wahrscheinlichkeit geringer aus als von vielen Bundesbürgern erhofft. Bayern nahm die für Silvester geplanten Erleichterungen am Sonntag bereits wieder zurück.
Über Weihnachten soll es aber dabei bleiben. Auch in anderen Bundesländern stehen die versprochenen Lockerungen wieder auf dem Prüfstand. Grund dafür ist, dass es bei der Zahl der Neuinfektionen und auch bei den Todesfällen trotz des wochenlangen Teil-Lockdowns bundesweit keine echte Kehrtwende gibt.
Aus den Reihen der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD mehrten sich die Warnungen, kein überflüssiges Risiko einzugehen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in ihrer wöchentlichen Videobotschaft zwar davon, dass es dank der Fortschritte bei der Entwicklung von Impfstoffen «Licht am Ende des Tunnels» gebe. Zugleich dämpfte sie Erwartungen, dass mit dem Beginn eines Impfprogramms der Kampf gegen die Pandemie bereits gewonnen sei. Nach Einschätzung von Gesundheitsminister Jens Spahn (ebenfalls CDU) wird es aber bis zum Sommer Massenimpfungen geben.
Entgegen vieler Hoffnungen ist die die Zahl der Neuinfektionen trotz des Teil-Lockdowns immer noch hoch. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Sonntag binnen eines einzigen Tages 17 767 neue Infektionen – über 3100 mehr als vor einer Woche. An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen meist niedriger als unter der Woche – auch, weil weniger getestet wird. Innerhalb von 24 Menschen starben 255 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus.
Am Samstag waren 23 318 neue Infektionen gemeldet worden – ebenfalls mehr als eine Woche zuvor. Mit 483 neuen Todesfällen wurde der bisherige Höchststand nur knapp verfehlt. Deshalb wächst bei Experten die Sorge, dass bei einer Lockerung über insgesamt zehn Tage zum Jahresende die Zahlen Anfang 2021 in die Höhe schnellen. SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Sollten die Zahlen bis zum 20. Dezember auf diesem hohen Niveau bleiben, sollten die Maßnahmen über die Feiertage nicht gelockert werden.»
In Bayern beschloss das Kabinett bereits, die geplanten Lockerungen nur noch vom 23. bis zum 26. Dezember aufrecht zu erhalten. «Es bleibt dabei, die Zahlen sind einfach zu hoch», sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Nun sind in Bayern nur noch vom Tag vor Heilig Abend bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag Treffen über zwei Hausstände hinaus mit bis zu maximal zehn Personen erlaubt. Ansonsten dürfen maximal fünf Leute aus zwei Hausständen zusammen sein. Eine ähnliche Regelung hat bereits Baden-Württemberg. In Berlin sind über die gesamten Feiertage maximal fünf Leute erlaubt.
Auch in anderen Bundesländern wird darüber nachgedacht, von den Erleichterungen zu Silvester wieder abzurücken. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der «Augsburger Allgemeinen» (Samstag): «Eines ist doch klar: Wir dürfen kein Risiko eingehen, auch nicht an Silvester.» Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wurde von der Funke-Mediengruppe mit den Worten zitiert: «Es wird keine Entlastungen für Weihnachten und Silvester geben.» Am Dienstag soll das Kabinett darüber beraten, wie die Staatskanzlei auf Twitter mitteilte.
Auch der Städte- und Gemeindebund äußerte sich skeptisch. «Je nachdem wie die Entwicklung in den weiteren zehn Tagen ist, werden sicherlich auch noch einmal die für Weihnachten und Silvester bislang vorgesehenen Lockerungen hinterfragt werden müssen», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem «Handelsblatt».
Die neuen Kontaktbeschränkungen gelten seit Anfang November. Zum 1. Dezember wurden sie in fast allen Bundesländern verschärft. Private Zusammenkünfte sind auf fünf Teilnehmer aus maximal zwei Haushalten beschränkt; Kinder bis 14 Jahre sind ausgenommen. Mit Blick auf die Festtage hatten Bund und Länder jedoch vereinbart, bei Familientreffen vom 23. Dezember bis 1. Januar zehn Personen plus Kinder zuzulassen.
In Bayerns Schulen wird zudem der Präsenzunterricht ab kommenden Mittwoch eingeschränkt: Ab Klassenstufe acht werden die Klassen überall geteilt und gehen in Wechselunterricht über. In Hotspots ab 200 Neuinfektionen pro Woche und 100 000 Einwohner sollen die Schüler ab der achten Klasse komplett in den Distanzunterricht wechseln.
In Baden-Württemberg haben zudem in einzelnen solchen besonders betroffenen Kommunen ab 21.00 Uhr nächtliche Ausgangssperren begonnen. So ist es etwa in Mannheim und Pforzheim nun untersagt, ohne triftigen Grund das Haus zu verlassen. Ausnahmen gelten etwa für medizinische Notfälle oder aus Arbeitsgründen.
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