Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen steuert Deutschland deutlich vor Weihnachten auf einen harten Lockdown ab Mitte kommender Woche zu.
In einem am Sonntagmorgen vom Bundeskanzleramt an die Länder geschickten Beschlussentwurf zur Bund-Länder-Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird unter anderem vorgeschlagen, den Handel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf vom 16. Dezember bis zum 10. Januar zu schließen.
Für den 5. Januar stellt das Papier ein erneutes Treffen von Bund und Ländern zu möglichen Folgeregelungen ab dem 11. Januar in Aussicht.
Der der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen vorliegende Entwurf trägt die Datumszeile 13. Dezember, 7.46 Uhr. Der Inhalt des Papiers soll nach weiteren Informationen zwischen Merkel, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) sowie dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), grundsätzlich abgestimmt sein. Müller ist zurzeit Vorsitzender der Runde der Ministerpräsidenten. Er kann aber in der Runde noch verändert werden. Die bisherigen Punkte im Überblick:
SCHULEN/ARBEIT: Der Entwurf empfiehlt für den gleichen Zeitraum deutliche Kontakteinschränkungen an den Schulen und Kindertagesstätten. «Kinder sollen in dieser Zeit wenn immer möglich zu Hause betreut werden.
Daher werden in diesem Zeitraum die Schulen grundsätzlich geschlossen oder die Präsenzpflicht wird ausgesetzt. Es wird eine Notfallbetreuung sichergestellt und Distanzlernen angeboten», heißt es. Für Eltern sollten nach diesen Vorstellungen zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub nehmen zu können. Generell werden Arbeitgeber «gebeten zu prüfen», ob während der Zeit des Lockdowns entweder Betriebsferien oder großzügige Home-Office-Lösungen möglich seien.
HANDEL: Im genannten Zeitraum sollten – so die Empfehlung – nur der Einzelhandel, Wochenmärkte und Direktvermarkter für Lebensmittel, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz- und Fahrrad-Werkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkaufsstellen, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Großhandel und Weihnachtsbaumverkäufe geöffnet bleiben dürfen. «Der Verkauf von non-food Produkten im Lebensmitteleinzelhandel, die nicht dem täglichen Bedarf zuzuordnen sind, kann ebenfalls eingeschränkt werden und darf keinesfalls ausgeweitet werden», heißt es weiter. Der Verkauf von Feuerwerk vor Silvester solle in diesem Jahr generell verboten bleiben.
WEIHNACHTEN: Für die Tage vom 24. bis 26. Dezember wird in dem Papier vorgeschlagen, dass die Länder in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen als Ausnahme von den sonst geltenden Kontaktbeschränkungen «Treffen mit 5 Personen zuzüglich Kindern im Alter bis 14 Jahre im engsten Familienkreis» zulassen können. Zum engsten Familienkreis zählen dem Papier zufolge sowohl Ehegatten als auch sonstige Lebenspartner sowie direkte Verwandte wie Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet. Es wird appelliert, in den «fünf bis sieben Tagen vor Familientreffen» Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
GOTTESDIENSTE: Zusammenkünfte in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie Treffen anderer Glaubensgemeinschaften sind dem Entwurf zufolge nur noch erlaubt, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern sichergestellt werden kann. Es soll eine Maskenpflicht auch am Platz gelten, Singen soll verboten werden. Wo besonders viele Menschen erwartet werden, müsse eine Anmeldungserfordernis eingeführt werden. In den kommenden Tagen solle es weitere Gespräche geben, um «im Lichte des weiteren Infektionsgeschehens» zu geeigneten Regelungen für religiöse Zusammenkünfte zu kommen.
SILVESTER: Für Silvester und Neujahr (1. Januar) empfiehlt der Entwurf ein bundesweites An- und Versammlungsverbot. Die Kommunen sollen publikumsträchtige Plätze definieren. Ferner dringt das Papier auf ein Feuerwerksverbot. Von einem generellen Böllerverbot sieht der Entwurf ab, gleichwohl wird aber «dringend abgeraten», Feuerwerk zu zünden, «auch vor dem Hintergrund der hohen Verletzungsgefahr und der bereits enormen Belastung des Gesundheitssystems».
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind weiterhin möglich, sollen dem Entwurf zufolge aber weiter eingeschränkt werden. Das Papier rät, die Begrenzung auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal 5 Personen zu beschränken. Kinder bis 14 Jahre bleiben weiter hiervon ausgenommen. Damit würden die eigentlich geplanten Lockerungen zu Weihnachten, die bis zu 10 Personen vorsahen, einkassiert.
DIENSTLEISTUNGSBETRIEBE IM BEREICH DER KÖRPERPFLEGE: Auch Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe sollen dem Entwurf zufolge geschlossen werden, «weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist.» Medizinisch notwendige Behandlungen, etwa Physio-, Ergo- und Logotherapien sowie Podologie/Fußpflege, bleiben aber weiter möglich.
GASTRONOMIE/ALKOHOL: Neu ist im Entwurf die Empfehlung, ein bundesweites Verbot für Alkoholkonsum im öffentlichen Raum einzuführen. «Verstöße werden mit einem Bußgeld belegt», heißt es. Die Gastronomie soll geschlossen bleiben, einzig Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause sollen weiter möglich bleiben.
PFLEGE: Für die Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen sowie mobile Pflegedienste sollen den Plänen zufolge durch den Bund medizinischen Schutzmasken sowie kostenlose Antigen-Schnelltests die Regel werden. Dazu sollten die Länder «eine verpflichtende Testung mehrmals pro Woche» für das Personal in den Alten- und Pflegeeinrichtungen und mobile Pflegeteams anordnen, heißt es. In Hotspots solle es auch für Besucher eine Pflicht zur Vorlage eines aktuellen negativen Coronatests geben.
REISEN: Über den gesamten Zeitraum empfiehlt das Papier, «von nicht zwingend notwendigen Reisen im Inland und auch ins Ausland abzusehen». Wer aus dem Ausland nach Deutschland einreist, müsse sich in eine Quarantäne begeben, die frühestens nach fünf Tagen durch einen negativen Test beendet werden kann.
WIRTSCHAFTSHILFEN: Vom Lockdown betroffene Unternehmen können dem Entwurf zufolge auf mehr Geld vom Staat hoffen. Bei der sogenannten Überbrückungshilfe III soll der Höchstbetrag von 200.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht werden, wobei der maximale Zuschuss für direkt und indirekt von Schließungen betroffene Unternehmen vorgesehen ist. Für diese Firmen soll es außerdem Abschlagszahlungen ähnlich wie bei November- und Dezemberhilfen geben. Auch mit den Schließungen verbundene Wertverluste bei Waren und anderen Wirtschaftsgütern sollen aufgefangen werden.
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