Nach fast einjähriger Hängepartie wegen der Corona-Pandemie will die CDU ihren neuen Vorsitzenden Mitte Januar auf einem fast vollständig digitalen Parteitag wählen.
Der CDU-Vorstand beschloss nach Informationen von Teilnehmern mit großer Mehrheit in einer Schaltkonferenz, dass der CDU-Chef am 16. Januar digital und mit abschließender Briefwahl gewählt werden soll. Demnach gab es zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.
Der neue CDU-Bundesvorsitzende soll dann endgültig am 22. Januar feststehen. Das hat Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag in Berlin angekündigt. An eine digitale Vorauswahl beim Bundesparteitag am 16. Januar werde sich eine Briefwahl anschließen. «Am 22. Januar wird öffentlich ausgezählt und das Ergebnis durch den Wahlvorstand bekannt gegeben», sagte Ziemiak. Dieses Verfahren erfülle die geltende Rechtslage, betonte er.
Der Online-Parteitag mit 1001 Delegierten soll nach Informationen aus der Partei am 15. Januar um 18.00 Uhr beginnen. Am 16. Januar sollen neben dem Parteichef auch die weiteren Mitglieder der Führungsgremien gewählt werden. Außer Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz wollen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und der Außenexperte Norbert Röttgen Parteichef werden. Am Abend (19.00 Uhr) wollten sich die Kandidaten in einem Online-Format Fragen von CDU-Mitgliedern stellen. Es ist der erste gemeinsame Auftritt seit einer Veranstaltung des Unions-Nachwuchses von der Jungen Union (JU) Mitte Oktober.
Merz, Laschet und Röttgen hätten gegenüber Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer versichert, dass sie das Ergebnis einer digitalen Wahl akzeptieren würden, war aus der CDU zu hören. Sie sagten demnach zu, dass sich die beiden unterlegenen Bewerber bei einer abschließenden Briefwahl nicht auf die Stimmzettel setzen lassen würden. Damit soll eine nachträgliche Veränderung des Online-Wahlergebnisses bei der Briefwahl verhindert werden. Kramp-Karrenbauer rief die CDU zur Geschlossenheit auf. Der Fokus liege weiterhin auf der Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Einen von vielen favorisierten Präsenz-Parteitag in einer Halle und Bewerbungsreden vor großem Publikum kann es wegen der Infektionslage nicht geben. Zur Entscheidung standen deswegen eine rein digitale Variante mit Schlussabstimmung per Briefwahl und ein dezentraler Parteitag an mehreren Standorten mit digitalen Wahlen.
Nach der Entscheidung der CDU-Spitze werden die Vorsitz-Kandidaten sowie das etwa 20-köpfige Präsidium zum Parteitag in der Messe Berlin im «Hub27» sein. Die Delegierten sollten digital zugeschaltet werden und abstimmen. Generalsekretär Paul Ziemiak plant dazu ein rechtssicheres Abstimmungsverfahren. In der CDU wird befürchtet, dass es etwa bei Online-Übertragungsproblemen Klagen gegen das Wahlergebnis geben könnte. Dies soll unbedingt vermieden werden.
Die Lösung der Personalfrage nach der Rückzugsankündigung von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer im Februar schleppt sich wegen Corona seit dem Frühjahr hin. Ein ursprünglich für Ende April anvisierter Sonderparteitag sowie ein Parteitag im Dezember zur Wahl eines Nachfolgers von Kramp-Karrenbauer war wegen der Corona-Krise im Einvernehmen mit den Nachfolgekandidaten abgesagt worden.
Im Präsidium hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther am Vormittag wegen der anhaltend hohen Infektionszahlen eine neuerliche Verschiebung des Parteitages gefordert. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters äußerte nach diesen Informationen Bedenken wegen Corona. Demnach sprachen sich unter anderem die beiden Parteivizes Julia Klöckner und Thomas Strobl dafür aus, den Parteitag wie geplant stattfinden zu lassen.
Im Parteivorstand gab es dann eine große Mehrheit für den digitalen Parteitag. Dagegen stimmten nach Informationen von mehreren Teilnehmern Günther sowie NRW-Innenminister Herbert Reul. Mit Enthaltung votierten Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Monica Wüllner aus Baden-Württemberg. Laschet beteiligte sich demnach als Betroffener nicht an der Abstimmung im Bundesvorstand.
JU-Chef Tilman Kuban sprach sich in der «Rheinischen Post» für einen späten Termin zur Kür eines Unions-Kanzlerkandidaten aus: «Im Superwahljahr sollten wir uns mit einer starken Parteiführung zunächst auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz konzentrieren. Die Frage, wer für uns als Union die besten Chancen bei dieser Bundestagswahl hat, sollten wir danach gemeinsam mit der CSU beantworten.»
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