Weichen für schnellere Corona-Impfungen

Hoffnung und Sorgen im Wettlauf mit der Zeit gegen Corona: Die Impfmengen sollen besser genutzt und vergrößert werden. Zugleich steigt die Zahl der Covid-19-Toten in Deutschland weiter an.

Mit zusätzlichem Corona-Impfstoff im Millionenumfang und einer besseren Ausnutzung der vorhandenen Kapazitäten drücken Deutschland und die EU bei der Massenimpfung aufs Tempo.

Aus den gelieferten Ampullen der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer kann mehr Impfstoff entnommen werden als bisher. Mengensteigerungen um bis zu 20 Prozent sollen möglich sein. EU-weit gibt es zudem eine neue Vereinbarung über bis zu 300 Millionen weiteren Biontech/Pfizer-Dosen. Zugleich meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland mit 1188 neuen Fällen innerhalb nur eines Tages so viele Corona-Tote wie noch nie. Einen weiteren Anstieg in den nächsten Tagen halten Experten für wahrscheinlich.

Umso fieberhafter versuchen die Regierungen und Behörden, die zunächst knappen Impfstoffmengen in Deutschland und Europa zu erhöhen. Am Freitag konnten sie Positives verkünden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich deshalb hoffnungsfroh. «Das ist ein guter Tag im Kampf gegen die Pandemie», sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die jüngsten Entwicklungen bedeuteten «mehr Impfstoff, mehr Schutz, weniger Angriffsfläche für das Virus».

Die EU soll im laufenden Jahr bis zu 300 Millionen weitere Dosen Corona-Impfstoff von Biontech bekommen. 75 Millionen Dosen davon sollten bereits bis Ende des zweiten Quartals zur Verfügung stehen, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel. Von den bereits zugelassenen Mitteln von Biontech/Pfizer sowie dem US-Unternehmen Moderna hat die EU sich mittlerweile 760 Millionen Einheiten gesichert. Damit könnten mehr als 80 Prozent der EU-Bevölkerung geimpft werden, sagte von der Leyen.

Der zweite in Europa zugelassenen Impfstoff, der des US-Herstellers Moderna, soll ab kommenden Dienstag an die Bundesländer geliefert werden. Nach einer der dpa vorliegenden Aufstellung sollen zunächst 63 600 Dosen ankommen. Größere Lieferungen sind in der vierten, sechsten und achten Kalenderwoche geplant, dann von 674 400 Dosen.

Erwartet wird die Zulassung eines dritten Impfstoffs. Nächste Woche werde der entsprechende Antrag des Herstellers Astrazeneca erwartet, teilte die europäischen Arzneimittelbehörde EMA in Amsterdam mit. Ende Januar könnte dann eine positive Empfehlung der EMA und die Zustimmung der EU-Kommission erfolgen. Die EU hat von dem Präparat 400 Millionen Dosen bestellt. Es ist preiswerter und kann bei normaler Kühlschranktemperatur für sechs Monate gelagert werden.

Spahn sagte: «Wir können mehr Impfdosen pro Ampulle verwenden. Der zweite Impfstoffhersteller wird kommende Woche liefern. Der dritte Impfstoff steht vor der Zulassung. Uns stehen zusätzliche Impfdosen durch den neuen EU-Vertrag mit Biontech zu. Und wir bauen darauf, dass der Produktionsstandort in Marburg im Februar ans Netz geht.» Dies bezieht sich auf die geplante neue Biontech-Anlage. Das Unternehmen soll seine Impfstoffproduktion hier massiv ausbauen – und bestellte Dosen so früher liefern können.

Um die Fläschen mit dem Biontech-Impfstoff besser nutzen zu können, ließ die EMA zu, dass sechs statt bisher fünf Dosen aus einer Ampulle von Biontech/Pfizer gezogen werden dürfen. Das hatte das Gesundheitsministerium bereits im Dezember als Möglichkeit angekündigt – aufgrund einer «Über-Füllung» der Fläschchen könne mit geeigneten Spritzen und Kanülen sechs Dosen aus einem gezogen werden. Die Zulassung löste Freude in Impfzentren aus.

Spahn rechnet mit einem Impfangebot an alle in Deutschland im Sommer. Insgesamt soll Deutschland nach bisherigem Stand 140 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer und Moderna bekommen – ausreichend für eine Herdenimmunität der Bevölkerung. Die Dosen aus dem neuen Biontech-Vertrag sollen dazukommen. Unabhängig von den EU-Verträgen sind Lieferungen von Biontech/Pfizer von 30 Millionen Dosen an Deutschland voraussichtlich in diesem Jahr geplant.

Dies Biontech-Zusagen an Deutschland vermindere die EU-Kontingente auch für die anderen Staaten nicht, betonte der Sprecher Spahns. Von der Leyen betonte, dass es laut den gemeinsamen Vereinbarungen keine parallel laufenden Verhandlungen zu den EU-Verhandlungen gebe. «Zusammen verhandeln wir, zusammen beschaffen wir und zusammen bringen wir den Impfprozess voran.» Ihr Sprecher wich Fragen aus, ob Deutschland diese Abmachung verletzt habe: Der Fokus der Kommission sei, dass es genügend Impfstoff für alle EU-Staaten gebe.

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