Im Streit mit dem ungarischen Staat wegen Tragens eines roten Sterns hat der Ex-Vorsitzende der Arbeiterpartei Ungarns, János Fratanolo, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Recht bekommen. Nach dem Urteil vom Mittwoch (21.03.) muss er nun 4000 Euro Entschädigung erhalten, berichten ungarische Medien. Außerdem hat der Staat 2400 Euro Prozesskosten zu tragen, entschied das Gericht, das einen Berufungsantrag Ungarns abwies.
Fratanolo hatte sich an das europäische Gericht gewandt, nachdem er wegen Tragen des fünfzackigen roten Sterns in Ungarn gerichtlich belangt worden war. Bereits im November vorigen Jahres hatte Straßburg zugunsten Fratanolos entschieden, worauf der ungarische Staat am 1. Februar 2012 in Berufung ging.
Nach dem Urteil vom Mittwoch hat Ungarn das Recht Fratanolos auf freie Meinungsäußerung verletzt. Dieser war am 1. Mai 2004 bei einer Gewerkschafts-Veranstaltung in Pécs mit einem roten Stern am Revers seines Jacketts aufmarschiert und hatte aus diesem Anlass auch im Fernsehen eine Erklärung abgegeben. Daraufhin begann gegen ihn im Jahre 2007 ein Strafverfahren vor dem Stadtgericht Pécs, das mit einem Verweis wegen des Tragens eines Symbols der Gewaltherrschaft endete. Fratanolo ging in Berufung und das Komitatsgericht der Baranya hob das Urteil wegen des Fehlens einer Straftat auf. Daraufhin stellte das Pécser Tafelgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das ursprüngliche Urteil wieder her.
Hintergrund des Geschehens ist, dass vor Fratanolo das Straßburger Gericht in einem ähnlichen Fall schon einmal ein Urteil gegen den ungarischen Staat gesprochen hatte. Ungeachtet dessen änderte Ungarn jedoch den entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzbuches nicht, so dass ein Gericht nicht in der Lage ist, ein anderes Urteil zu fällen. Das öffentliche Zeigen des roten Sterns blieb weiterhin strafbar, selbst wenn in dem vorliegenden Fall eine Propaganda für die Gewaltherrschaft oder eine Identifizierung mit einem totalitären Regime gar nicht zur Debatte stand.