Vor dem Bund-Länder-Treffen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie an diesem Dienstag zeichnet sich eine Fortsetzung des Lockdowns bis in den Februar hinein ab.
Über die genauen Verschärfungen herrscht zum Teil aber noch große Uneinigkeit. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr, meldeten SPD-Länder eine Reihe von Änderungen an einer Beschlussvorlage an, die zuvor an mehrere Länder verschickt worden war. Entsprechende Papiere lagen der dpa vor. Vor den von 14.00 Uhr an geplanten Beratungen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gab es noch Vorgespräche.
Diskutiert wurden unter anderem eine schärfere Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sowie in Geschäften. Daneben erwägen Bund und Länder, mehr Druck auf Arbeitgeber zu machen, um mehr Homeoffice zu ermöglichen.
In einer Experten-Anhörung am Montagabend hatten mehrere Wissenschaftler für härtere Lockdown-Maßnahmen plädiert. Sie hätten die drohende Gefahr durch das mutierte Virus beschrieben, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) am Dienstagmorgen 11 369 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Darüber hinaus wurden 989 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI bekanntgab. Vor genau einer Woche hatte das RKI 12 802 Neuinfektionen und 891 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.
Die Infektionslage bietet damit zwar erste Lichtblicke, die Zahlen sind nach Experteneinschätzung aber noch viel zu hoch, um Lockerungen wagen zu können. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt derzeit bundesweit noch bei mehr als 130 – als Zielwert, bis zu dem Gesundheitsämter die Nachverfolgung stemmen können, gelten 50.
Sorge bereiten Virusvarianten wie B.1.1.7., die nach derzeitigem Stand wesentlich ansteckender sind und die – bisher wohl noch auf recht kleinem Niveau – auch schon in Deutschland kursieren. Ein Aufheben des Lockdowns würde ihnen Experten zufolge freie Bahn verschaffen.
Berlins Regierender Bürgermeister und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), sprach sich im Vorfeld gegen deutschlandweite Ausgangsbeschränkungen aus. Dort, wo die Infektionszahlen sehr hoch seien und wo sich die Maßnahme bewährt habe, werde es möglich sein, die Beschränkungen weiter umzusetzen, sagte Müller am Dienstag im ARD-«Morgenmagazin».
Es komme nun vor allem darauf an, auf «eine sehr aggressive Mutation des Virus» zu reagieren. Er beobachte, dass im Vergleich zum Frühjahr derzeit deutlich weniger Arbeitgeber Homeoffice anbieten würden. «Dadurch entstehen Verkehre und Kontakte, die muss man einfach weiter reduzieren.» Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde einen Vorschlag machen, um die Präsenzpflicht für Arbeitnehmer aufzuheben. Arbeitgeber müssten dann begründen, warum Arbeitnehmer zur Arbeit kommen müssen, sagte Müller.
Die Frage der FFP2-Maskenpflicht, wie sie bereits in Bayern existiert, ließ der MPK-Chef offen. Ziel sei es, auch dort die Menschen besser zu schützen, wo die Abstände nicht eingehalten werden könnten. Ob es verpflichtend die FFP2-Maske sein müsse oder ob nicht auch die medizinischen OP-Masken reichen würden, sei Gegenstand der Verhandlungen. Die geladenen Experten hätten betont, dass bereits die einfacheren OP-Masken einen besseren Schutz böten als Stoffbedeckungen.
Kritik an der Pandemie-Politik kam aus der Opposition. Die FDP drängte am Dienstag darauf, den Bundestag an den weiteren Entscheidungen zu beteiligen. «Die wesentlichen Fragen müssen im Parlament entschieden werden», sagte FDP-Chef Christian Lindner im ARD-«Morgenmagazin». Bei den Maßnahmen, die zur Debatte stünden, gehe es um weitreichende Freiheitsbeschränkungen. Deshalb müsse über die wissenschaftliche Grundlage, aber auch über mögliche mildere Mittel gesprochen werden.
Die Fraktion der Linken forderte die Bundesregierung am Dienstagmittag auf, in der kommenden Sitzungswoche des Bundestags eine Regierungserklärung abzugeben. In einem Schreiben an Kanzleramtschef Helge Braun, das der dpa vorliegt, wirft der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte der Bundesregierung vor, das Parlament im Vorfeld nicht an den Vorschlägen zur Eindämmung der Pandemie beteiligt zu haben.
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