Bislang dominieren die ansteckenderen Corona-Varianten nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts noch nicht das Infektionsgeschehen in Deutschland – sie dürften sich aber weiter ausbreiten.
Der Anteil der vor allem in Großbritannien grassierenden Variante B.1.1.7 liege bei etwas weniger als sechs Prozent, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, in Berlin. In 13 der 16 Bundesländern sei sie inzwischen nachgewiesen. «Die Situation ist noch lange nicht unter Kontrolle», sagte Wieler.
Insgesamt gebe es drei besorgniserregende Varianten in Deutschland. «Sie dominieren das Geschehen noch nicht.» Ihr Anteil dürfte sich aber weiter erhöhen. Insgesamt sei das Virus gefährlicher geworden. «Das Virus ist noch nicht müde, im Gegenteil, es hat gerade nochmal einen Boost bekommen.»
Vor dem nächsten Corona-Treffen von Bund und Ländern Mitte Februar ist die weitere Strategie nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch offen.
Was bei den Beratungen am nächsten Mittwoch herauskommen werde, könne sie noch nicht sagen, sagte Merkel am Donnerstagabend in einem Interview der Sender ntv und RTL. «Weil ich mir angucken muss, wie weit ist das britische Virus schon vorgedrungen.» Sie warnte vor «falschen Hoffnungen»: «Ich sehe ein leichtes Licht am Ende des Tunnels, aber es ist eine unglaublich schwere Zeit.»
Bei dem Treffen soll entschieden werden, ob der bislang bis zum 14. Februar befristete Lockdown verlängert wird. Noch zuvor will das Robert Koch-Institut (RKI) nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Ergebnisse vorlegen, wie stark sich die Virus-Mutationen in Deutschland verbreitet haben. Die zuerst in Großbritannien entdeckte Variante gilt als besonders ansteckend. Heute wollen sich Spahn, RKI-Chef Lothar Wieler und der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, zur aktuellen Lage äußern.
Merkel vertrat die Ansicht, der Scheitelpunkt der zweiten Welle sei überschritten. Die Infektionszahlen gingen deutlich herunter, es werde immer mehr geimpft. Allerdings seien Zielwerte noch nicht erreicht. Man wolle am Mittwoch eine Entscheidung, die auch für die Wirtschaft gut sei. «Wenig Infektionszahlen bedeuten auch eine bessere Situation für die Wirtschaft. Das haben alle Untersuchungen gezeigt.»
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) warnten vor vorzeitigen Lockerungen. Alle seien sich einig, dass als erstes Schulen und Kitas an der Reihe seien, sagte Tschentscher in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». Er sehe aber im Moment noch keinen Spielraum für Lockerungen. Söder mahnte zu Vorsicht, damit kein dritter Lockdown notwendig werde: «Lieber ein Schritt langsamer, als es am Ende wieder zu verstolpern.»
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