Seit Monaten spaltet die Vergabe von Handelslizenzen für Tabakwaren das Land Ungarn. Trafiken, die ähnlich wie in Österreich zum Bild der Gesellschaft gehören und über Jahrzehnte reibungslos betrieben wurden, zahlreichen Familien die Existenz sicherten, werden mit einem am 1. Juli in Kraft tretenden Gesetz im Namen der Volksgesundheit in ihrer Zahl stark reduziert und der Staat sichert sich das Handelsmonopol für Tabakwaren.
Von der Schließung betroffene, die Opposition und freie Medien versuchen zu erklären, was wohl wirklich hinter den Maßnahmen steckt und mit welchen Machenschaften die Konzessionen an Parteifreunde und deren Angehörigen vergeben wurden. Bei der Verdummung der Bürger bediene man sich weiterhin dem Szenario vom Feind aus dem Ausland, heißt es. Man stelle den Widerstand der Bürger als Inszenierung von Tabakkonzernen dar, deren Interessen mit einer geringeren Zahl an Verkaufsstellen gefährdet seien.
Medien deckten auf, dass bei den Lizenzvergabeverfahren häufig die Vorschriften nicht eingehalten, die besten Standorte offenbar Parteifreunden zugeschanzt wurden. Die Oppositionsparteien werfen der Regierung mehrfachen Amtsmissbrauch und Korruption vor. Die Bürger sind aufgefordert, ihre Erfahrungen zu berichten. Gleichzeitig fordert die Opposition die Offenlegung der Ausschreibungsunterlagen und kündigt eine Klage bei der Staatsanwaltschaft an.
Die Oberste Staatsanwaltschaft ermittelt ihrerseits seit Anfang Juni wegen des Verdachts des Missbrauches persönlicher Daten gegen jene, die den Skandal aufgedeckt haben. In unabhängigen und privaten Medien seien unberechtigterweise die Namen der Konzessionsempfänger veröffentlicht worden.
Am 7. Juni wurde im Gerichtsanzeiger die Regierungsverordnung veröffentlicht, der zufolge die Genehmigungen für Tabakwarengeschäfte vom Finanzamt NAV an jene vergeben werden dürfen, die über entsprechende Konzessionsverträge verfügen. Die Bearbeitungszeit beträgt 30 Tage. Nach Vergabe der Genehmigung darf der Verkauf von Tabakwaren begonnen werden.