Spahn gegen rasches Ende des Lockdowns

In zwei Tagen soll erneut darüber entschieden werden, wie es mit den Anti-Corona-Maßnahmen weitergeht. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält deutlich niedrigere Infektionszahlen als derzeit für nötig. Hinzu kommt die Sorge vor den Virus-Varianten.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält vor möglichen Lockdown-Lockerungen deutlich niedrigere Infektionszahlen als derzeit für nötig. «Wir müssen jetzt spürbar unter 50 kommen, um es nicht dauerhaft über 50 schnellen zu lassen», sagte Spahn in Berlin.

Der Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche gilt als wichtige Marke. Spahn sagte aber, auch bei knapp unter 50 in einer Region drohten die Zahlen dann schnell wieder in die Höhe zu gehen.

Bund und Ländern hatten beschlossen, die Sieben-Tage-Inzidenz solle auf unter 50 sinken, damit die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder nachvollziehen können. Am Morgen lag die Inzidenz bundesweit bei 76. Am Mittwoch beraten Bund und Ländern erneut über den Lockdown, den sie am 19. Januar bis zum 14. Februar verlängert hatten.

Weiter Sorgen bereiten der Regierung die ansteckenderen Corona-Varianten. Bis Mittwoch werde es keine aktuelleren Zahlen als die vom Freitag zur Ausbreitung der Mutationen geben, sagte Spahn. Der Anteil der in Großbritannien entdeckten Variante B.1.1.7 lag nach den am Freitag vorgestellten Daten nun bei knapp sechs Prozent. In 13 der 16 Bundesländern war sie inzwischen nachgewiesen worden.

Die Verbreitung der Varianten in Deutschland soll in den kommenden Wochen im Zwei-Wochen-Rhythmus erhoben werden, wie Spahn ankündigte. Dies geschehe wieder in den Kalenderwochen sechs, acht und zehn.

Nicht alle Alltagsbeschränkungen könnten für die Zeit ab dem 15. Februar auf den Stand von Oktober zurückgeführt werden, so Spahn. Im Oktober befand sich das Land noch im «Lockdown light», als Geschäfte noch offen, aber Kultur-, Sport- und Gaststätten schon geschlossen waren. Auch Schulen und Kindergärten sind seit Mitte Dezember großteils geschlossen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält bei sinkender Corona-Gefahr eine Lockerung in Stufen für sinnvoll – allerdings nicht im Februar. «Was zuletzt eingeschränkt wurde, soll wieder zuerst aufmachen. Deshalb haben für mich die Grundschulen Vorrang», sagte Woidke am Montag auf Anfrage. «Die nächsten Schritte könnten einzelne körpernahe Dienstleistungen wie das Friseurhandwerk sein.»

Zu alledem gehörten klare Hygienekonzepte, betonte der Regierungschef. Trotz sinkender Infektionszahlen sei Vorsicht geboten. «Aufgrund der aktuellen Zahlen halte ich es für erforderlich, dass die bestehenden Einschränkungen im Grundsatz über den 14. Februar bis Ende Februar verlängert werden.»

Spahn sagte, für viele Kinder und Jugendliche gehe es um die Chancen, die sie später im Leben haben. Die Frage des Präsenzunterrichts für einige Wochen «mag für manche kleinen Menschen fürs ganze Leben einen großen Unterschied machen». Es sei aller Ehren wert, Wege zu suchen, wie es «Zug um Zug» in Schulen wieder losgehen könne.

Spahn sprach sich dafür aus, leerstehende Räumlichkeiten zusätzlich für die Beschulung zu nutzen, wenn solche vorhanden seien. Auch Testkonzepte könnten helfen. Bis zum Mittwoch bespreche die Regierung diese Fragen mit den Bundesländern.

Gegen eine rasche Lockdown-Lockerung spricht für Spahn die Lage in den Kliniken. Trotz sinkender Zahlen gebe es dort mehr Covid-19-Fälle als in der ersten Welle vom Frühjahr beim damaligen Höchststand.

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