Knapp fünf Wochen nach der Erstürmung des Kapitols durch Anhänger Donald Trumps beginnt an diesem Dienstag im Senat das Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen US-Präsidenten.
Zum Auftakt steht eine vierstündige Debatte darüber auf dem Programm, ob das Verfahren verfassungsgemäß ist, obwohl der Republikaner bereits aus dem Amt ausgeschieden ist. Wenn eine Mehrheit der Senatoren diese Frage wie erwartet bejaht, werden von Mittwoch an die Ankläger des Repräsentantenhauses und die Verteidiger Trumps über mehrere Sitzungstage hinweg ihre Argumente vortragen.
Ob Zeugen vorgeladen werden, soll im Anschluss entschieden werden. Unter anderem davon wird abhängen, wann die Senatoren ihr Urteil fällen. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sagte, der Ablauf sei mit dem Top-Republikaner in der Kammer, Mitch McConnell, sowie mit den Anklägern und Verteidigern vereinbart worden. Damit solle ein faires Verfahren gewährleistet werden. In der Anklage des demokratisch kontrollierten Repräsentantenhauses wird Trump «Anstiftung zum Aufruhr» vorgeworfen. Es ist bereits das zweite Amtsenthebungsverfahren, dem sich Trump stellen muss.
Die Demokraten fordern in ihrer Anklageschrift auch eine Ämtersperre für Trump – Voraussetzung dafür ist aber zunächst eine Verurteilung des Ex-Präsidenten in dem Verfahren. Eine Ämtersperre könnte eine etwaige Kandidatur Trumps bei der Präsidentenwahl 2024 durchkreuzen. Die für eine Verurteilung im Senat notwendige Zweidrittelmehrheit ist aber nicht in Sicht: Dafür müssten 17 Republikaner mit den 50 Demokraten stimmen. Bei einer Abstimmung zu einer Frage zur Zulässigkeit des Verfahrens war vorab zu erkennen, dass wohl nur eine Handvoll Republikaner erwägt, für eine Verurteilung zu stimmen.
Trumps Anwälte betonten, dass sie das Amtsenthebungsverfahren für «absurd und verfassungswidrig» halten, weil es sich gegen eine Privatperson richte. In einer veröffentlichten 75-seitigen Stellungnahme forderten die Verteidiger die sofortige Abweisung der Klage. Sie warfen den Demokraten vor, «politisches Theater» zu veranstalten.
Die demokratischen Ankläger des Repräsentantenhauses nannten die Beweise gegen Trump dagegen überwältigend. «Trump hat seinen Amtseid verletzt und das amerikanische Volk verraten», hieß es in ihrer Stellungnahme. «Seine Anstiftung zum Aufstand gegen die Regierung der Vereinigten Staaten – die die friedliche Machtübergabe gestört hat – ist das schwerste verfassungsrechtliche Verbrechen, das je von einem Präsidenten begangen wurde.»
Trump hatte den klaren Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Wahl am 3. November nicht anerkannt. Der damalige Amtsinhaber behauptete, die Wahl sei manipuliert worden. Trump hat dafür nie Beweise vorgelegt. Sein Lager scheiterte mit Dutzenden Klagen gegen Wahlergebnisse. Als Trumps Anhänger das Kapitol stürmten, war dort der Kongress zusammengekommen, um Bidens Wahlsieg offiziell zu machen. Am Rande der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben, drunter ein Polizist. Trump hat seine Niederlage bis heute nicht eingestanden.
Trump wird beschuldigt, seine Unterstützer unmittelbar vor der Erstürmung des Kapitols bei einer Kundgebung in Washington zu dem Angriff aufgestachelt zu haben. Trump hatte in seiner Ansprache unter anderem gesagt: «Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.» Trumps Verteidiger argumentieren, der damalige Präsident habe nur zum Kampf für die generelle Sicherheit von Wahlen aufgerufen. Im Übrigen sei seine Ansprache durch das in der Verfassung verankerte Recht auf Redefreiheit gedeckt.
Die Ankläger weisen das vehement zurück. In ihrer Stellungnahme hieß es, das Repräsentantenhaus habe Trump nicht angeklagt, «weil er eine unpopuläre politische Meinung zum Ausdruck brachte». Die Demokraten argumentieren, dass das Verfahren gegen den Ex-Präsidenten rechtmäßig ist, weil es Verfehlungen aus seiner Amtszeit betrifft. Sie verweisen außerdem darauf, dass das Repräsentantenhaus die Eröffnung des Verfahrens bereits am 13. Januar beschlossen hatte – also eine Woche vor Trumps Ausscheiden aus dem Amt. Damals hatten auch zehn republikanische Abgeordnete mit den Demokraten gestimmt.
Im Senat verfügen Demokraten und Republikaner jeweils über 50 Sitze. De facto haben die Demokraten aber die Mehrheit, weil Vizepräsidentin Kamala Harris – die zugleich Präsidentin des Senats ist – ein Patt mit ihrer Stimme zugunsten der Demokraten auflösen kann.
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