Urteil nach vorgetäuschtem Tod auf der Ostsee

Ein vorgetäuschter Tod erschien einem Ehepaar als Ausweg aus einer desolaten Finanzsituation. Versicherungssummen zu kassieren, erwies sich aber als schwierig. Die Quittung vor Gericht sind Bewährungsstrafen.

Er täuschte seinen Tod auf der Ostsee vor, um sich aus einer finanziellen Krise zu befreien: Wegen versuchten Versicherungsbetrugs hat das Landgericht Kiel einen 53 Jahre alten Mann und dessen Ehefrau am Mittwoch zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Sie sprachen das Paar in einem Fall schuldig, in weiteren 13 Fällen wurden die Angeklagten freigesprochen. Den 53-Jährigen verurteilte die Kammer zu einem Jahr und neun Monaten, seine Frau zu einem Jahr.

Das Ehepaar war angeklagt, im Oktober 2019 den Tod des Mannes vorgetäuscht zu haben, um von 14 Lebens- und Unfallversicherungen 4,1 Millionen Euro zu kassieren. Dazu hatte der Mann nach Überzeugung des Gerichts einen Motorbootunfall und sein Ertrinken auf der Ostsee vorgetäuscht und sich anschließend monatelang versteckt. Zur Auszahlung kam es nicht. Das Paar und die ebenfalls angeklagte Mutter des Mannes flogen vorher auf.

Die Staatsanwältin hatte für den 53-Jährigen eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und für seine Frau von zwei Jahre und zehn Monaten gefordert. Das Verfahren gegen die mitangeklagte 87-jährige Mutter war abgetrennt worden. Die Verteidiger hatten in allen Fällen auf Freispruch plädiert. Ihrer Überzeugung nach war das Paar bei der Umsetzung des gemeinsamen Tatplans nicht über straflose Vorbereitungshandlungen hinausgekommen.

Nach Angaben des Vorsitzenden Richters hätten die Angeklagten nur in einem Fall mit der unmittelbaren Auszahlung eines Geldbetrags einer Unfallversicherung rechnen können. Der Angeklagte sei die treibende Kraft des Vorhabens gewesen und habe seine Frau und seine betagte Mutter hineingezogen. Der Richter bescheinigte dem Mann eine «erhebliche kriminelle Energie».

Das vorgetäuschte Unglück mit einem extra angeschafften Boot sollte das Verschwinden des Mannes glaubhaft erscheinen lassen. Die Ehefrau erstattete drei Tage später Vermisstenanzeige. Doch die Polizei schöpfte schnell Verdacht. Ein Gutachter stellte Manipulationen an dem Boot fest. Die Versicherungen gaben sich nicht mit einer Todesmeldung der Polizei zufrieden, sondern forderten eine Sterbeurkunde.

Der 53-Jährige hatte sich monatelang versteckt. Zunächst war er in Hamburg untergetaucht, dann zog er in das Wohnhaus seiner Mutter im niedersächsischen Schwarmstedt. Dort entdeckten ihn Polizisten Anfang Mai 2020 hinter Kisten versteckt auf dem Dachboden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kündigte Revision an.

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