Mario Draghi stellt seinen Kurs vor

Der Ex-EZB-Chef Mario Draghi ist seit Samstag neuer Regierungschef in Rom. Aber noch hat er den Italienern nichts darüber gesagt, was sein Kabinett plant.

Italiens Regierungschef Mario Draghi wirbt am Mittwoch mit einer ersten Rede im neuen Amt um die Unterstützung des Parlaments. Anschließend muss der 73-Jährige für sich und sein Kabinett in beiden Häusern der Volksvertretung in Rom um Vertrauen bitten.

Da der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) ein sehr breites Parteienspektrum von rechts bis links in seine Regierung geholt hat, gelten die Abstimmungen eher als Formalie. Wichtiger dürften Draghis Programmreden sein, in denen er den künftigen Kurs Italiens in der Pandemie abstecken will.

Seit seinem Start als Ministerpräsident am Samstag hatte der Neu-Politiker öffentlich noch nichts zu seinen Zielen im Amt gesagt. Draghi tritt als erstes im Senat (ab 10.00 Uhr), der kleineren von zwei Parlamentskammern, ans Rednerpult. Nach der Ansprache ist im Laufe des Tages dort die erste Vertrauensabstimmung vorgesehen, voraussichtlich am späten Abend. Den Berichten nach plant der Ökonom eine nur kurze Ansprache.

Viele Menschen in dem Mittelmeerland erwarten, dass der neue Regierungschef etwas dazu sagt, ob er die Strategie im Kampf gegen die Corona-Pandemie ändern will. Den Berichten zufolge will Draghi eine Beschleunigung der Impfkampagnen erreichen. Auch seine Konzepte gegen die Wirtschaftskrise könnten Thema sein.

In Anschluss an die Rede im Senat ist auch in der größeren Abgeordnetenkammer für Mittwochmittag ein Auftritt Draghis angekündigt. Auch dort folgt eine Vertrauensfrage – vorgesehen ist diese bisher für Donnerstag. In beiden Kammern werden längere Grundsatzdebatten nach den Reden erwartet.

Draghis Mehrheit gilt als gesichert, weil ihn fast alle Parteien unterstützen. Zu seiner Allianz gehören sowohl die Sozialdemokraten (PD) als auch die konservative Forza Italia von Silvio Berlusconi, die rechte Lega von Matteo Salvini, die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und andere. Nur die ultrarechten Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) haben eine klare Opposition angekündigt und wollen gegen ihn stimmen.

Abweichler aus der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung haben bereits ihren Unmut geäußert – die Unzufriedenen kritisierten etwa die Zusammensetzung des Kabinetts. Draghis Mehrheit gilt dadurch aber nicht als gefährdet. Ein Signal sind die Spannungen sind dennoch: Ganz leicht dürfte die Zusammenarbeit in der Regierung in Rom angesichts der Gegensätze auch künftig nicht werden.

Der Ökonom Draghi war am Samstag von Staatschef Sergio Mattarella vereidigt worden. Italiens Verfassung schreibt vor, dass eine Regierung innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Bildung die Vertrauensfrage in den beiden Kammern stellen muss.

Die alte Mitte-Links-Koalition von Giuseppe Conte war im Januar mit dem Auszug der Splitterpartei Italia Viva von Matteo Renzi zerbrochen. Italia Viva sitzt auch im neuen Kabinett. Grund des Bruchs war der Streit um rund 200 Milliarden Euro an EU-Hilfsgeldern in der Corona-Krise gewesen. Am 26. Januar war Conte zurückgetreten.

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