Die Linke wählt heute bei ihrem Online-Parteitag eine neue Führung.
Die hessische Landtagsfraktionschefin Janine Wissler und die thüringische Linken-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow lösen aller Voraussicht nach die bisherigen Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger ab. Weitere aussichtsreiche Kandidaten gibt es nicht. Kipping und Riexinger führen die Linke seit 2012 und treten nicht mehr an. Die rund 600 Delegierten stimmen online ab. Das Ergebnis muss anschließend noch per Briefwahl bestätigt werden.
Kipping hatte am Freitag für eine Regierungsbeteiligung der Linken im Bund geworben und ihre Partei dazu aufgerufen, die Regierungsfrage zu klären. In der Linken ist das umstritten, weil die Partei in einer Koalition im Bund in wesentlichen Politikbereichen zu Kompromissen gezwungen wäre, etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Linke ist beispielsweise gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und für eine Abschaffung von Geheimdiensten.
Kipping will auch nach dem Führungswechsel für die Bildung einer linken Mehrheit im Bund werben. «Welcher Mission ich mich widmen will, das ist Brückenbauerin für neue linke Mehrheiten – in welcher Funktion, das ist offen», sagte sie dem TV-Sender Phoenix. «Es ist wichtig, dass wir als Linke in der Regierungsfrage keine Unentschlossenheit ausstrahlen, sondern dass wir sagen: Mit uns ist zu rechnen und wir wollen das umsetzen», betonte sie.
Sie sei mit sich und ihrer Bilanz als Parteichefin im Reinen. Die größten Herausforderungen lägen aber noch vor der Partei. Es sei wichtig, zweistellige Werte bei den Umfragen und eine linke Mehrheit auf Bundesebene zu erreichen, um soziale Themen umsetzen zu können.
Für ein Bündnis der Linken mit SPD und Grünen würde es nach aktuellen Umfragen nicht reichen. Die Linke selbst steht bei schwachen sieben bis acht Prozent. «Wir schöpfen unser Potenzial bei weitem nicht aus», räumte Wissler in den ARD-«Tagesthemen» ein. Die Linke müsse sich stärker verankern in Stadtteilen und in Betrieben, und deutlich sichtbarer sein.
Gerade in der Corona-Krise verschärften sich soziale Ungleichheiten. Wenige Menschen würden reicher, aber viele ärmer. Das Gesundheitssystem sei unterfinanziert. Pflegekräfte verdienten viel zu wenig und seine überlastet. Hier müsse die Linke die Finger in die Wunde legen, betonte Wissler.
© dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten.