Die deutschen Handballer posierten jubelnd mit einem riesigen Tokio-Ticket – und auch Bundestrainer Alfred Gislason war sichtlich erleichtert.
Mit einem ungefährdeten 34:26 (17:14) gegen Außenseiter Algerien hat die DHB-Auswahl die Teilnahme an den Olympischen Spielen perfekt gemacht und eine nach der verpatzten Weltmeisterschaft drohende sportliche Krise abgewendet. «Wir sind mehr als glücklich, dass wir die Aufgabe so souverän gelöst haben. Jetzt können wir den Traum von Olympia leben», frohlockte DHB-Vizepräsident Bob Hanning und bekräftigte das Gold-Ziel: «Wir fahren nicht dorthin, um Zweiter zu werden.»
Dank des glanzlosen Erfolges am Sonntag beendete die DHB-Auswahl das Ausscheidungsturnier in Berlin ohne Niederlage mit 5:1 Punkten und ließ die zuletzt aufgekommene Kritik verstummen. «Uns sind viele Steine vom Herzen gefallen. Wir können stolz sein, dass wir unser großes Ziel Olympia erreicht haben», sagte Kapitän Uwe Gensheimer. Und Gislason ergänzte: «Uns wurde ein großer Druck von den Schultern genommen. Wir sind alle sehr glücklich, die Erleichterung ist groß.»
Mit dem gelösten Tokio-Ticket hat der Bundestrainer, der das Amt vor gut einem Jahr vom glücklosen Christian Prokop übernommen hatte, seine erste Mission erledigt. «Unsere Erwartungen hat er mit der Olympia-Qualifikation voll erfüllt. Er hat schon bei der WM in Ägypten in einer sehr kritischen Situation bewiesen, dass er wirklich der Fels in der Brandung ist. Deswegen haben wir ihn auch geholt», lobte DHB-Präsident Andreas Michelmann den 61 Jahre alten Isländer.
«Für mich ist das eine große Sache. Ich war als Spieler zweimal bei Olympia dabei, aber noch nie als Trainer», sagte Gislason. «Das ist auch für mich persönlich extrem wichtig, denn das war einer der Gründe, weshalb man mich verpflichtet hat.»
Gegen Algerien erlebte Gislason jedoch viel Krampf von seiner fast komplett neu formierten Mannschaft, deren bester Werfer Rückraumspieler Julius Kühn mit acht Toren war. «Das Feuer war nicht ganz da. Es war aber auch das dritte Spiel innerhalb von drei Tagen. Es war ein bisschen schwierig», resümierte Gislason.
Die Algerier hielten lange gut mit, weil es dem DHB-Team an der nötigen Aggressivität in der Abwehr mangelte. So kamen die Nordafrikaner immer wieder zu leichten Toren, zumal auch Torwart Andreas Wolff anders als beim glanzvollen 36:27 am Vortag gegen Slowenien nicht zündete. Der 30-Jährige musste den Platz zwischen den Pfosten nach gut 20 Minuten für Silvio Heinevetter räumen.
Gislason reagierte in der Pause und beorderte die Kieler Champions-League-Sieger Hendrik Pekeler und Steffen Weinhold auf das Parkett. Jetzt wurde es besser, auch wenn sich die DHB-Auswahl weiter schwer tat. Um die Tokio-Teilnahme zittern musste der WM-Zwölfte aber zu keiner Zeit, zumal der Vorsprung in der Schlussphase noch ausgebaut wurde.
Den Grundstein für das Olympia-Ticket hatte die DHB-Auswahl am Samstag mit einer Gala gegen den EM-Vierten Slowenien gelegt. «Das war ein Befreiungsschlag», sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. «Die Jungs haben sich freigespielt. Das verleiht Stärke für die kommenden Aufgaben.»
Im Duell mit den Slowenen spielte die deutsche Mannschaft 45 Minuten lang nahe an der Perfektion. Wolff bot im Tor eine überragende Vorstellung, wie man sie lange nicht von ihm gesehen hat. Davor bildete die Abwehr um den bärenstarken Innenblock mit Pekeler und Johannes Golla ein kaum zu überwindendes Bollwerk. Im Angriff brannte das DHB-Team um die Top-Werfer Marcel Schiller (7 Tore) und Kühn (6) ein wahres Feuerwerk ab. Erst als Gislason Mitte der zweiten Halbzeit durchwechselte, ging der Rhythmus verloren.
In den nächsten Monaten soll Gislason die Mannschaft nun so weiterentwickeln, dass sie bei den Sommerspielen um den Sieg mitspielen kann. «Wir sind in letzter Zeit ziemlich durch den Kakao gezogen worden, weil wir an dem vor acht Jahren ausgegebenen Ziel Olympia-Gold festgehalten haben», sagte Michelmann. «Wir wissen, dass es eine Reihe von Mannschaften gibt, die Olympiasieger werden können. Wir gehören zu diesem Kreis dazu.» Und Hanning bekräftigte: «Wir fahren nicht dorthin, um Zweiter zu werden.»
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