Die Lage in Ungarn, das Abwandern junger Menschen ins Ausland und Korruptionsaffären in höchsten Kreisen hatten die Menschen im Vorfeld der Parlamentswahl landesweit aufgerüttelt und am 8. April 2018 zur Wahlurne getrieben. Zwischen 6 Uhr und 19 Uhr waren mit einer historisch hohen Wahlbeteiligung von rund 70% mehr Menschen zur Wahl gegangen, als in den Jahrzehnten davor. Davon profitierte aber nicht wie erhofft die Opposition, sondern die rechte Regierungspartei Fidesz: sie zog mit 48,49 % wieder ins Parlament ein und besitzt dank des hierzulande bevorzugten Wahlsystems nun erneut die verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit.
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Fidesz setzte im Wahlkampf auf Feindbilder, EU- und UN-feindliche Behauptungen. „Wählt uns, denn für uns steht Ungarn an erster Stelle.“ Die Medienlandschaft wird überwiegend von der Regierung kontrolliert, so kamen deren Auffassungen dann auch wirklich bis in jeden Winkel des Landes. Schüren von Angst und Populismus gingen auf. Fidesz gelang es, nicht nur seine Stammwählerschaft, sondern auch viele schwankende Wähler für sich zu mobilisieren.
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Die zersplitterte Opposition konnte sich nicht zu einer starken, einheitlichen Kraft formieren, hat aber zumindest gelernt, dass die Menschen aufgerüttelt werden können und dass Uneinigkeit nicht zum Ziel führt. Zweitstärkste Partei wurde mit 19,49 % die ultrarechte Jobbik, ihr Ziel war der Regierungswechsel. Das erreichte sie nicht, der Parteivorsitzende Gábor Vona trat zurück, nachdem er auch in seinem eigenen Wahlkreis im Komitat Heves gegen den Fidesz-Kandidaten verloren hatte. Rücktritte gab es auch unter den Vorsitzenden anderer Parteien.
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Wahlergebnis der Parteienlisten (über 5%):
Der Wahlsieger Fidesz will nicht aus der EU austreten, das Land ist einer der größten Nutznießer der Europäischen Union. Fidesz will die EU in rechtsstaatlichen Fragen und in der Einwanderungspolitik aber auf Abstand halten. Viktor Orbán ist ein Herrscher, der selber sagt, wo es lang geht und mit wem er Sympathien hegt. Populistischer Grundtenor beherrschte dann auch die euphorische Rede des Ministerpräsidenten am späten Sonntagabend nach dem Wahlsieg: „Das ist ein Schicksalsjahr für unser Volk… Ungarn hat einen historischen Sieg errungen, wir haben einen schicksalsentscheidenden Sieg errungen und haben nun die Chance, Ungarn zu verteidigen.“
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Nach der hohen Wahlbeteiligung werden Stimmen laut, die Wahlbetrug vermuten. Sind wieder Auslandsungarn, in anderen Ländern geborene und dort lebende Angehörige der ungarischen Minderheiten, auf Kosten der Steuerzahler zur Wahlurne gekarrt worden, um für Fidesz zu stimmen? (Orbán hatte den Minderheiten im Ausland nicht nur die Staatsbürgerschaft, sondern auch das Wahlrecht – für die Geschicke eines Landes, wo sie nicht leben – zugestanden.) Ist es wirklich wahr, dass alle Sozialhilfe empfangenden Personen gezwungen wurden, ihr Kreuz an die entsprechende Stelle zu setzen und das per Foto zu dokumentieren? Warum ist das Verhältnis der gültigen Stimmen bei den Briefwahlen so schlecht?
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„Warum lässt die EU zu, dass in Ungarn offensichtlich demokratische Gesetze verletzt werden“, fragten junge Wähler in Budapest. „Wir wollen kein Land, dass sich an Oligarchen im Osten orientiert, wir wollen frei in der EU leben und wir wollen nicht, dass Menschen diskriminiert werden.“
Sitzverteilung im Parlament:
(Quelle: http://nvi.hu)
Orange: Fidesz und KDNP (Christlich Demokratische Volkspartei)
Grün: ultrarechte Jobbik
Rot: MSZP (Sozialdemokraten) – Párbeszéd (Grüne)
Hellblau: DK (Demokratische Koalition unter Gyurcsány, ehemaliger Ministerpräsident)
Hellgrün: LMP (Reformpartei)
Dunkelblau: Selbstverwaltung der Deutschen Minderheit – über eigene Landesliste und mit 25.658 Stimmen erworben (0.49 %)
Schwarz: Unabhängige
Braun: Együtt (Liberale Partei)
In den Wahlkreisen am Balaton siegten die Kandidaten von Fidesz über die von Jobbik. Lediglich im Wahlkreis Somogy 4 erreichte ein Kandidat der MSZP-Párbeszéd und im Wahlkreis Veszprém 2 ein unabhängiger Kandidat den zweiten Platz.