Australian-Open-Gewinner Novak Djokovic schlenderte nach dem Kofferpacken am Montag noch gemütlich barfuß im Sand am Brighton Beach entlang. Alexander Zverev machte sich in kurzen Hosen auf den Weg zum Flughafen und stellte sich auf wärmere Kleidung in der Heimat ein.
Nach mehreren Wochen in Australien und dem Abschluss der Australian Open richtet sich der Blick auch nach Europa und auf die Ungewissheit des weiteren Verlaufs der Tennis-Saison. Von Melbourne mit mittlerweile ungewohnten Bildern feiernder Fans geht es vorerst zurück in den Tour-Alltag – mit aller Komplexität der Coronavirus-Pandemie, aber auch mit berufsbedingten Reisen. Die deutschen Turnier-Organisatoren stellen sich den Herausforderungen.
«Wir haben das klare Ziel, dass wir spielen. Wir planen verschiedene Szenarien, was die Zuschauerzahl betrifft», sagte Münchens Turnierdirektor Patrik Kühnen. Das ATP-Turnier in der bayerischen Landeshauptstadt steht momentan im Kalender. Ebenso wie die Herren-Turniere in Stuttgart, Halle und Hamburg sowie die Damen-Turniere in Stuttgart, Köln, Berlin und Bad Homburg. Aber wer weiß in diesen Zeiten schon, ob es dabei bleibt? Die schon einmal verschobene und nun für Mitte April in Budapest geplante Endrunde um den Fed Cup etwa wurde schon wieder auf unbestimmte Zeit verlegt.
Kühnen versprüht genauso vorsichtigen Optimismus, dass es anders als im vergangenen Jahr einen vollen deutschen Tennis-Frühling und -Sommer geben wird. Das Münchner Sandplatz-Event ist vom 26. April bis 2. Mai geplant und hat im Vergleich zum Stuttgarter Damen-Turnier eine Woche zuvor den Vorteil, dass es draußen stattfindet.
Für Mitte März hoffen die Veranstalter auf Konkretisierungen. Die Stuttgarter Organisatoren wollen Mitte dieser Woche über den Stand und erste Zusagen informieren. Über das Teilnehmerfeld könne er noch nichts berichten, sagte Kühnen, außer dass es noch keine feste Zusage des zweifachen Siegers Alexander Zverev gebe. Die Meldefrist sei von sechs Wochen vor dem Start auf vier Wochen vorher reduziert worden.
Die deutsche Nummer eins und der Weltranglisten-Erste Djokovic hatten sich in Melbourne dagegen ausgesprochen, momentan zum gewohnten Turnierkalender mit Reisen von Ort zu Ort zurückzukehren. Spieler würden sich verletzen, es gebe je nach Reisepass Beschränkungen, argumentierte Zverev. In Melbourne mussten Profis wie Betreuer eine zwei Wochen lange Quarantäne absolvieren und durften nur für fünf Stunden am Tag das Hotel für Training und Fitness verlassen. Es gab als Vorbereitung sechs parallele Veranstaltungen in Melbourne.
«Die ATP sollte vielleicht so einen Veranstaltungsort wie hier haben und mehrere Wochen an einem Ort spielen», schlug Zverev vor. Ex-Profi Kühnen hat die Diskussion wahrgenommen, meinte aber: «Ich halte das nicht für umsetzbar.» Die Pläne der ATP sehen eine Abkehr von der Struktur mit Turnieren an verschiedenen Orten momentan nicht vor. Die Herren spielen in dieser Woche in Montpellier, darunter die deutsche Nummer zwei Jan-Lennard Struff, in Singapur und in Cordoba. Es gibt unter den spezifischen Regularien also eine Auswahlmöglichkeit.
«Jedes Land, jedes Turnier ist anders. Es ist viel Aufwand, sich darauf mental einzustellen und sich anzupassen. Das ist nicht einfach», sagte Djokovic und gab zu bedenken: «Die Familie auf der Tour bei mir zu haben, wird eine sehr schwere Aufgabe.» Bei vielen Turnieren würden ihm die Regeln nur zwei Begleiter erlauben.
Die WTA spielt in dieser Woche noch im australischen Adelaide weiter. Angelique Kerber plant für die ersten März-Wochen Turnier-Reisen nach Doha und Dubai. Zverev hat trotz seiner Bedenken am System für Rotterdam (1. bis 7. März) eine Wildcard angenommen. Zumindest vorerst nicht auf der Tour wird Djokovic sein. Der 33-Jährige kündigte aufgrund seiner Bauchmuskelverletzung eine kleine Auszeit an. Die Verletzung habe sich im Verlauf der Australian Open verschlimmert, erzählte er am Tag nach dem Finale.
Die Australian Open, die mit Zweifeln begonnen hatten, wurden von Djokovic ebenso wie von den Veranstaltern als Erfolg gewertet. Falls notwendig, könne auch 2022 unter Corona-Bedingungen gespielt werden. Es gebe keine Variante, mit der man nicht umgehen könne, sagte Turnierdirektor Craig Tiley. Auch er war am Montag am Brighton Beach.
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