Australien über Impfstoff-Lieferstopp aus EU enttäuscht

Die Europäische Union stoppt erstmals die Lieferung eines Corona-Impfstoffs ins Ausland. Ein «Regelbruch»? Australien reagiert enttäuscht und frustiert.

Australien hat den Lieferstopp von Corona-Impfstoff aus der Europäischen Union scharf kritisiert.

«Wir sind natürlich enttäuscht und frustriert über diese Entscheidung, aber das ist auch der Grund, warum wir uns doppelt abgesichert haben», sagte Finanzminister Simon Birmingham dem Sender Sky News am Freitag.

«Wir haben bis zu 150 Millionen Dosen Impfstoff in Auftrag gegeben, davon 50 Millionen Dosen, die hier in Australien produziert werden sollen», sagte er. Die Welt befinde sich derzeit in einem ziemlich unerforschtem Gebiet, da sei es wenig überraschend, «dass einige Länder das Regelbuch zerreißen werden».

Frankreich begrüßte unterdessen den europäischen Lieferstopp. «Das zeigt, dass wir als Europäer fähig sind, nicht naiv zu sein und unsere Interessen zu verteidigen», sagte Europa-Staatssekretär Clément Beaune am Freitag im Sender RTL France.

Italien habe richtig gehandelt, die Lieferung zu verhindern. Es habe sich um viele Impfstoffdosen gehandelt, und in Australien sei der Bedarf weniger dringend als in Europa. «Wir blockieren. Und wir behalten ihn», sagte der Vertraute von Staatschef Emmanuel Macron mit Blick auf den Impfstoff.

Italien hatte EU-Kreisen zufolge die Lieferung von 250.000 Dosen Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca an Australien verhindert – und damit erstmals die Ausfuhr von Corona-Impfstoff aus der Europäischen Union in einen Drittstaat gestoppt. Ende Januar hatte die Europäische Union Exportkontrollen für Corona-Impfstoff gestartet. Im Visier sind Hersteller, die ihre EU-Lieferpflichten nicht erfüllen. Nun trifft es Astrazeneca.

Grundlage ist ein Ende Januar wegen des Impfstoffmangels eingeführtes System zur Exportkontrolle. Demnach müssen Pharmakonzerne mit EU-Lieferverpflichtungen Ausfuhrgenehmigungen für in der EU produzierte Impfstoffe beantragen. Wenn Hersteller die EU bei Liefermengen unrechtmäßig benachteiligen, können Genehmigungen verweigert werden. Astrazeneca hält die ursprünglich zugesagte Liefermenge an die EU im ersten Quartal nicht ein, was für großen Unmut gesorgt hat.

Zuständig für die Ausfuhrgenehmigungen ist der EU-Mitgliedstaat, in dem die für den Export vorgesehenen Impfstoffe produziert wurden. Der italienische Außenminister Luigi Di Maio schrieb auf Facebook: «Australien wird heute als ein Land betrachtet, das nach den EU-Regeln „nicht gefährdet“ ist». Die Sperre sei «kein feindseliger Akt gegenüber Australien».

Australien hat seit Beginn der Pandemie rund 29.000 Coronavirus-Fälle verzeichnet – eine deutlich niedrigere Pro-Kopf-Rate als in den meisten Industrieländern. Die Zahl der Todesfälle liegt derzeit bei 909. In dem Land leben rund 25 Millionen Menschen.

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